Bezirk
Briefumschlag

Wir laden Schuld auf uns, wenn wir homosexuelle Menschen diskriminieren!

23. März 2019

Zur Sonderberichterstattung von der Generalkonferenz (KuW 3/2019)

Mir geht es wie Christine Schneider: Der Entscheid der Generalkonferenz, praktizierende Homosexualität in der EMK nach wie vor nicht zu tolerieren, macht mich äusserst traurig. Bei mir meldet sich zudem Empörung.

Ich erlebe in meiner Arbeit als Suchtberaterin, dass es absolut schädlich ist für die Seele eines Menschen, wenn er Teile seiner Identität unterdrücken muss und nicht leben darf. Mir begegnen Menschen, die eine psychische Erkrankung oder ein Suchtverhalten entwickelt haben, weil sie ihre sexuelle Orientierung als sündhaft einstufen und zu unterdrücken versuchen. In meinem Umfeld kenne ich zudem Männer, die anderen viel Leid zumuten, weil sie ihre Homosexualität nicht anerkannt und Frauen geheiratet haben. Umgekehrt erlebe ich Menschen, die der Kirche und ihren Moralansprüchen den Rücken zugekehrt haben, zu ihrer Homosexualität zu stehen beginnen und befreit zum Leben sichtlich aufblühen, sich entfalten und ganz werden.

Mir liegt ein Beitrag von Prof. Dr. Jörg Barthel vom Theologischen Seminar in Reutlingen über Homosexualität vor. Darin schaut er die grossen Linien der Bibel und ihre kulturellen Zusammenhänge an und kommt zum Schluss, dass sich keine ethische oder dogmatische Lehre über Homosexualität aus der Bibel ableiten lässt und nicht von einer eindeutigen Verurteilung von Homosexualität durch die Bibel die Rede sein kann. Für die Schweiz hätte ich mir mindestens die Öffnung zum One-Church-Plan gewünscht.

Obwohl ich mich seit längerem am Rand der Kirche befinde, stand ein Austritt aus der EMK für mich bisher nicht zur Debatte. Die aktuelle Diskussion rund um die Einordnung der Homosexualität stellt mich vor die Frage, ob dies noch die Kirche ist, zu der ich gehören möchte. Ich finde, wir laden Schuld auf uns, wenn wir Menschen wegen ihrer sozialen Orientierung diskriminieren. Davon distanziere ich mich vehement. Ich wünschte mir eine Kirche, in der die Sexualität – ob sie sich gleichgeschlechtlich, andersgeschlechtlich oder transgeschlechtlich äussert – als ein Geschenk von Gott angenommen werden kann.

Lisa Schmid, Brittnau