
Zwiespältige Haltung zur Sklaverei
8. August 2019
Vor 400 Jahren, im August 1619, wurden zum ersten Mal rund 60 Personen aus Angola in die Kolonie Jamestown in der heutigen USA gebracht. Mit ihnen begann die lange Elendsgeschichte der Sklaverei in den USA. Methodist/innen in den USA zeigten eine zwiespältige Haltung zur Sklaverei. Der Bischofsrat der weltweiten United Methodist Church (UMC) stellt Hilfsmittel zur Verfügung, die helfen sollen, «uns zu erinnern, zu bereuen und uns für eine andere Verhaltensweise einzusetzen».
John Wesley, der Gründer des Methodismus, bezeichnete in einem Brief von 1791 an einen britischen Parlamentsabgeordneten die Sklaverei als «diese abscheuliche Niedertracht, die der Skandal der Religion, Englands und der menschlichen Natur ist». In einer Schrift hatte der britische Erweckungsprediger ausserdem klar gegen die Sklaverei Stellung genommen. Diese Klarheit setzte sich in der Geschichte der methodistischen Bewegung nicht in demselben Masse fort. Weisse Methodist/innen hatten «grosse Schwierigkeiten, einen Weg zu echter Gleichheit zu finden», sagte der Historiker Alfred T. Day, Leiter der Kommission für Archive und Geschichte der UMC gegenüber dem methodistischen News-Service «UM News». «Der Methodismus zeigte ein bemerkenswertes Engagement gegen Sklaverei. Zugleich machten die Methodist/innen beunruhigende Zugeständnisse an den Rassismus», sagte Day. Weisse Methodist/innen schrieben vor, dass Afrikaner immer unter der Aufsicht von Weissen stehen sollten und sich nicht alleine treffen durften. «Schwarze Methodist/innen begrüssten und schätzten das methodistische, die Gleichheit aller betonende Evangelium, merkten aber schnell, dass ihr Wachstum im Glauben und in der Bewegung auf Schritt und Tritt behindert wurde.» Bis heute gebe es methodistische Kirchgemeinden in den USA, in denen es unwahrscheinlich sei, dass schwarze Geistliche ernannt werden – wegen ihrer Hautfarbe, so Day. «Wir akzeptieren das irgendwie stillschweigend», sagte er.
Nun haben haben der Bischofsrat und die Behörde für Kirche und Gesellschaft der weltweiten UMC eine Webseite unter dem Titel «Stolen» («geraubt») eingerichtet, auf der englischsprachige Ressourcen für Kirchgemeinden und Hinweise auf Veranstaltungen zu finden sind, um an das folgenreiche Ereignis zu erinnern und die bis heute nachwirkenden gesellschaftlichen Folgen ins Bewusstsein zu rücken. Auch der Ökumenische Rat der Kirchen (ÖRK) veröffentlichte eine Erklärung, in der er alle ÖRK-Mitgliedskirchen einlädt, «sich Möglichkeiten zum Gedenken an dieses historische Ereignis in ihren Kirchen zu überlegen; Gott um Vergebung im Namen unserer Vorfahren zu bitten, die sich an der Versklavung von Menschen aus Afrika beteiligt haben; und sich verstärkt für den Kampf gegen Rassismus und für Rassen- und Wirtschaftsgerechtigkeit und Wiedergutmachung einzusetzen.» Gelegenheit dazu könnte zum Beispiel der 23. August bieten, der 1998 von der UNESCO zum «Internationalen Tag zur Erinnerung an den Sklavenhandel und seine Abschaffung» erklärt wurde.
S.F.
Quellen: UMNews, ÖRK
Beitragsbild: Library of Congress, Division Prints and Photographs, via wikimedia.org
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Moderne Sklaverei
In den USA wurde die Sklaverei offiziell ab 1865 verboten. International verpflichteten sich die Vertragsstaaten des Völkerbunds 1926 in einem Übereinkommen, «Sklavenhandel zu verhindern und zu unterdrücken». Seit 1956 ist das Verbot der Sklaverei Teil der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte. Damit hat sich vor allem das Gesicht der Sklaverei verändert. Hilfs- und Menschenrechtsorganisationen benennen moderne Formen der Sklaverei, zu denen sie neben der Schuldknechtschaft vor allem Kinderarbeit, Zwangsheirat, und Zwangsprostitution rechnen. Der durch die Walk Free Foundation erhobene «Global Slavery Index» rechnet für das Jahr 2016 mit über 40 Millionen Personen, die in modernen Formen der Sklaverei ihr Dasein fristen. Ein Bericht des EU-Parlaments vom September 2013 schätzt «die Gesamtzahl der Zwangsarbeiter in den EU-Mitgliedstaaten auf 880’000» Personen, «von denen 270’000 Schätzungen zufolge Opfer sexueller Ausbeutung sind und die meisten Opfer Frauen sind». Ähnlich sieht sich auch die FIZ Fachstelle Frauenhandel und Frauenmigration in ihrer Arbeit in der Schweiz mit Menschenhandel mehrheitlich im Sexgewerbe konfrontiert.