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«Auf direktem Weg in die Hölle»? – Talk in Thun.

10. September 2019

Schwule, Lesben und Kirche – geht das zusammen? Die Methodist/innen in Thun luden am 8. September zum Talk. Zwei homosexuelle Personen erzählten, welche Erfahrungen bei ihnen hinter diesen Fragen stecken. Unter diesem Eindruck erhielt auch den Besucher/innen ganz Vertrautes einen andern Klang.

«Über allem die Liebe – zusammen unterwegs sein?!» lautete das fragende Thema, unter dem die Methodist/innen in Thun am vergangenen Sonntag zu einem «Gottesdienst spezial» eingeladen hatten. Im Talk mit drei Gästen stellte Herbert Guntelach feinfühlig Fragen. Die Talkgäste antworteten beeindruckend offen und ehrlich.

Gegen sich selbst kämpfen?

Homosexualität, Glauben und Kirche, geht das zusammen? Zwei homosexuelle Personen erzählten im Talk ihre Geschichte: Ihr Coming Out in der Gesellschaft und innerhalb ihrer Familie sei nicht einfach gewesen. Aber der Wind, der ihnen in Kirchen entgegen wehte, sei noch viel eisiger gewesen. «Em Tüüfu vom Chare gheit» seien sie – oder auf direktem Weg in die Hölle, wurde ihnen gesagt. Ja, sie lebten ihre Sexualität anders als Emma und Otto Normalschweizer, sagten die beiden. Sie hätten gegen ihre homosexuellen Empfindungen angekämpft und irgendwann gemerkt, dass sie gegen sich selber ankämpften und so letztlich verlören, was sie selber ausmacht.

Inklusion ist herausfordernd

Im Talk zu Wort kam auch Oliver Merz. Seit vielen Jahren begleitet er Personen mit unterschiedlicher sexueller Orientierung seelsorgerlich. Er ist promovierter Theologe. Aufgrund einer langjährigen Krankheit ist er auch selbst immer mal wieder «anders» als alle anderen um ihn herum. Für ihn ist Inklusion schon länger ein Thema, dem er sich in der Forschung aber auch ganz praktisch annimmt.

Pfarrer Matthias Bünger schlug mit seinem Input die Brücke zu den Besucher/innen: «Kennst Du die Geschichte der anderen Gottesdienstbesucher um Dich herum?», fragte er die Anwesenden. Die Gesellschaft fordere uns heraus, neue oder ungewohnte Themen zu diskutieren. «Und nur wenn wir herausgefordert werden, bleiben wir in Bewegung.» Gott habe sich für jede/n einzelne/n entschieden, sagte Bünger: «Er liebt uns, bedingungslos.»

Gemeinsam unterwegs sein?

Unter dem Eindruck der Lebensberichte und Erfahrungen veränderte sich auch bei den Besucher/innen etwas. Vertraute Liedtexte und Melodien in diesem «Gottesdienst spezial» bekamen eine ganz neue Tiefe: «Wir sind hier zusammen in Jesu Namen» oder «Bi dir chani mi säuber si, wiu Du mi animmsch wieni bi».

Eine Gruppe von queeren Christ/innen und Personen mit einem atypischen Lebensentwurf treffen sich als freshexpressions-Gruppe «Berg und Tal» in den Räumlichkeiten der EMK Thun. Sie wünschen sich eine Kirche, in der Christ/innen gemeinsam die Liebe zu Gott leben und Gottes Liebe erfahren können, gemeinsam unterwegs sind! Der Gottesdienst mit Talk am vergangenen Sonntag war der erste gemeinsame Gottesdienst zusammen mit den anderen Methodist/innen in Thun.

Susanne Zumstein / S.F.
Beitragsbild: EMK Thun

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