
Nach dem Brexit: Was nun, Barry?
7. Februar 2020
Der Brexit verändert das Miteinander von Menschen in Europa. Der in Nordirland aufgewachsene methodistische Pastor Barry Sloan erzählt, wie ihm diese Veränderung und seine eigene Geschichte zeigte, was das Besondere des christlichen Glaubens und der Kirche ist.
Im Leben Barry Sloans wühlt der Brexit längst Vergangenes wieder auf. Geboren in Nordirland und in der Nähe von Belfast aufgewachsen, wurde der treue Anhänger der (britischen) «Union» Pastor der Methodistischen Kirche in Irland. Seit vielen Jahren lebt er in Deutschland. Um in Deutschland bleiben und weiterhin ungehindert innerhalb der Europäischen Union unterwegs sein zu können, hat er die irische Staatsbürgerschaft angenommen. Für einen loyalen Nordiren ein Unding. «Wenn mein Vater das wüsste, würde er sich im Grab umdrehen», erklärt Sloan als Sohn eines radikalen «Unionisten» die Dramatik seines Sinneswandels. Wie kam es dazu?
Fahnen teilen die Welt in «wir» und «die»
Die eigene Geschichte erzählt Sloan auf seinem Blog rund um die Bedeutung von Fahnen, durch die die Welt in «wir» und «die» eingeteilt wurde. «Fahnen waren schon immer ein Teil meines Lebens», schreibt er. Aufgewachsen ist er während der als «Nordirlandkonflikt» bezeichneten bürgerkriegsähnlichen Auseinandersetzungen zwischen den unionistischen, also britisch orientierten Protestanten und den überwiegend irisch-nationalistischen Katholiken. Früh lernte er die Fahnen der auf Grossbritannien ausgerichteten Unionisten mit den Farben Rot, Weiss und Blau als «die unseren» wahrzunehmen. Das Grün, Weiss und Gold der Fahnen der Republik Irland, das waren »die anderen«. Diese Unterscheidung in »wir« und »die« sei ihm so geläufig gewesen, dass er die Überzeugungen der anderen nie wirklich habe verstehen können. «Wahrscheinlich, weil ich es nie versucht habe», sagt er über seine damalige Sicht der Dinge. «Das können Fahnen mit dir machen.»
«Wir» in der Minderheit
Nach dem Theologiestudium wurde Sloan Pastor der Methodistischen Kirche in Irland – «einer Kirche, die der Insel Irland sowohl im Norden als auch im Süden dient.» Direkt an der Grenze erhielt er seine erste Beauftragung. «Überall waren Fahnen», erinnert er sich. «‹Wir› und ‹sie› waren überall. ‹Wir› waren wenige.»
Wo sind die Fahnen?
Als er 1998 Missionspartner der Methodistenkirche in Deutschland wird, fällt ihm vor allem eines auf: die Fahnen fehlen. In deutschen Gemeinden habe er eine ganz andere Einstellung zu Fahnen kennengelernt. Die schrecklichen Erfahrungen im Dritten Reich, die Hitlerjugend und die kommunistische Jugend in Ostdeutschland hätten die Menschen viel vorsichtiger gemacht. Immer bei diesen Erfahrungen Fahnen prägend gewesen. «In meiner ganzen Zeit hier habe ich die deutsche Nationalfahne noch nie in einer Kirche gesehen», stellt er überrascht fest.
Ein neues Zugehörigkeitsgefühl
Im vergangenen Jahr war er ausserdem für die Methodistischen Kirche in Grossbritannien (MCB) als Koordinatorin für die Beziehungen zu Europa tätig. Um diese Aufgabe und seine Tätigkeit in Deutschland weiter ausüben zu können, hat Sloan nun die irische Staatsbürgerschaft angenommen. Er denke nicht mehr in Begriffen wie «wir» und «die», schreibt er. «Die Fahnen und mein ganzes Gefühl der Zugehörigkeit haben vor all den Jahren, als ich ein Christus-Anhänger wurde, eine neue Bedeutung bekommen.»
Die Kirchen arbeiten weiter zusammen
Die Loyalität von Christ/innen gehe über Länder und Grenzen hinaus. Zwar habe Grossbritannien am 31. Januar die EU verlassen, «aber als Partnerschaftskoordinator für Europa werde ich der Methodistischen Kirche in Großbritannien helfen, ihre gemeinsamen Unternehmungen mit allen ihren Partnern in Europa fortzusetzen. Wir werden weiterhin aktive Mitglieder des Europäischen Methodistischen Rates und seiner Unterausschüsse bleiben, und es ist für uns als MCB eine Ehre und Freude, im kommenden Jahr (zusammen mit der EMK Deutschland) den Co-Vorsitz des Rates zu übernehmen.»
Flagge zeigen
Warum er sich da so sicher sei? «Ganz einfach, weil wir Christen sind», sagt Sloan. Mission und Berufung der Christ/innen blieben dieselbe. «Aus diesem Grund werden wir sozusagen weiterhin Flagge zeigen. Kirche sein. Gemeinsam auf Reisen gehen. Demütig im Glauben durch die Liebe tätig sein.»