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Die Ausbreitung des Coronavirus in Italien

«Eine kraftvolle neue Form von Kirche» während Coronakrise in Italien

27. März 2020

Die Menschen in Italien sind länger als Personen in anderen europäischen Ländern von den Folgen der Corona-Pandemie betroffen. Auch die Kirchen. Mirella Manocchio, Präsidentin der Methodistenkirche in Italien, spricht in einem Podcast-Interview der Medienstelle der Methodistenkirche in Grossbritannien darüber, wie ihre Kirche diese Krisenzeit bewältigt.

Die Lage in Italien sei dramatisch, betont Manocchio im Podcast-Interview. Das öffentliche Leben sei fast vollständig zum Erliegen gekommen. Die Massnahmen der Regierung seien drastisch.  – In vielen europäischen Medien wurden jedoch auch Videos gezeigt, die singende Personen auf den Balkonen zeigten. Ist das ein Ausdruck für einen ungebrochenen Gemeinschaftssinn in Italien?

Wände werden zur Kinoleinwand

«Ja», bestätigt Manocchio, «die Leute haben sehr viele kreative Ideen entwickelt, wie sie einander zeigen können, dass sie untereinander verbunden sind, auch wenn eine physische Nähe nicht mehr möglich ist.» Das gemeinsame Singen auf den Balkonen sei nur eine Form gewesen. «Andere projizierten Filme, die viele lieben, an die Wände von Gebäuden», erzählt sie. Zahlreiche Personen hätten auch eigene Videos mit Kindern oder älteren Personen gedreht. «So ermutigen sich die Leute gegenseitig und erklären einander, weshalb es wichtig ist, jetzt zuhause zu bleiben.»

Schwierige Zeiten auch für die Kirche

Und die Kirche? «Ich muss zunächst sagen, dass unsere Kirchen – nicht nur die methodistische, sondern alle protestantischen, ja, alle Kirchen – eine sehr schwierige Zeit erleben», sagt Manocchio. Alle kirchlichen Anlässe seien abgesagt. «Auch unser gesamtes sozial-diakonisches Engagement muss entweder aus der Ferne durchgeführt oder ganz ausgesetzt werden. Am meisten leiden darunter jene Personen, die auch sonst schon am Rand der Gesellschaft stehen. Sie bräuchten gerade jetzt verstärkt physische Nähe.»

Alte Tradition in neuem Gewand

Die Kirchen und Gemeinden nutzten die technologischen Möglichkeiten, die heute zur Verfügung stünden wie YouTube, Zoom oder Skype – um Verbundenheit und Nähe zu ermöglichen und zu bewahren. «Und wir merken, dass es ein Verlangen nach Spiritualität in neuer, kreativer Gestalt gibt» sagt sie weiter. «Wir nehmen den Wunsch nach einer sinnstiftenden Gemeinschaft und Verbundenheit wahr.» Für manche sei das eine Überraschung gewesen. Andere hätten darin eine lange schon in den methodistischen Gemeinschaften wirksame Tradition wiedererkannt.

Vorbereitungen für die Zeit nach der Krise

Dies sei eine schwierige Zeit, sagt Manocchio. «Aber auch diese schwierige Zeit wird zu etwas gut sein. Sie hat ihren Grund.» Jetzt gelte es, die Arbeit weiter zu tun und zu entwickeln, um dann, wenn die Einschränkungen und Beschwernisse zuende gehen, bereit zu sein.

Kurz vor dem Interview hatte Manocchio an einem gottesdienstlichen Online-Anlass teilgenommen, bei dem sich Personen aus dem ganzen Land  zugeschaltet hatten. «Wir haben Lieder gesungen, kurze Impulse erhalten, gebetet» erzählt sie. «Es ist eine andere Art, Kirche zu sein. Aber es ist eine kraftvolle Form von Kirche.»

S.F. / Quelle: Podcast Methodist Church of Great Britain
Beitragsbild: Facquis, commons.wikimedia.org, CC-BY_SA 4.0

Webseite der Methodistenkirche in Italien

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