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Der Lockdown betrifft auch methodistische Kirchen

Der Lockdown als Chance? Methodistische Gedankensplitter

16. April 2020

Der Lockdown aufgrund der Ausbreitung des Coronavirus regt auch dazu an, grundsätzliche Fragen zu stellen. Ein kleiner Ausblick auf methodistische Beiträge der letzten Wochen.

Was geschieht mit uns, wenn wir die sozialen Kontakte nicht pflegen können wie gewohnt? Wie verändert es uns, wenn wir nicht mehr durch Angebote, Möglichkeiten, Aufgaben, … überflutet, sondern auf uns selbst zurück geworfen werden? – Auch Methodist/innen haben sich in den vergangenen Wochen an diesen Fragen abgearbeitet. Verschiedene Personen haben Erfahrungen und Gedanken veröffentlicht – oder sie zum Beispiel an die Redaktion der Kirchenzeitschrift «Kirche und Welt» geschickt.

Trauernde begleiten? Kaum möglich!

Besonders leidvoll wird von vielen erlebt, dass der Abschied beim Tod eines geliebten Menschen in dieser Zeit so schwer möglich ist. Heinrich Bolleter, Bischof im Ruhestand, greift eine solche Erfahrung in einem Blogbeitrag auf. «Wir haben der trauernden Familie einen Brief geschrieben und darauf auch eine Antwort bekommen», schreibt er. «Trotzdem haben wir das Gefühl, dass wir einander etwas schuldig geblieben sind.» Seine Gedanken münden in ein «Gebet in Zeiten des Lockdowns und des Social Distancing».

Fastenzeit zur rechten Zeit

Stefan Hess, Methodist aus Burgdorf, sieht die Zeit des Lockdown wie eine kollektive Fastenzeit – «und das noch zur richtigen (Fasten)Zeit», wie er betont. Neben vielem, was uns genommen wurde, gebe es sehr viel, was uns geschenkt werde. «Plötzlich merke ich was echtes Fasten bedeutet.» Die Methodist/innen fordert er auf, die Erfahrungen aus dieser Fastenzeit auch in die Zeit nach dem Lockdown mitzunehmen, «damit es dann ein wenig anders wird, wenn nicht in der Gesellschaft, so wenigstens für uns.»

Aus dieser Zeit lernen

Ein anderes Bild, aber ähnliche Gedanken hat auch der methodistische Pfarrer Rolf Wüthrich aus Männedorf. Er erinnert an die Diskussionen um die kirchliche Haltung zur Homosexualität, die die Methodistenkirche weltweit stark beschäftigte. Jetzt, in dieser «Wüstenzeit» scheinen diese damals so grossen Fragen nicht mehr wichtig. «Ich möchte in Zukunft …das Vergangene nicht einfach fortführen, sondern aus dieser existentiellen Bedrohung lernen», schreibt er. Sein Beitrag ist als Gastbeitrag auf dem Blog von Pfarrer Daniel Eschbach erschienen. Dort finden sich noch zahlreiche weitere Einträge, die sich mit der aktuellen Situation auseinandersetzen.

Entwürdigende Einschränkungen

Wütend äussert sich dagegen Hansjürg Zurbuchen aus Opfershofen im Kanton Thurgau in einer Zuschrift an die Redaktion von «Kirche und Welt». Die Menschenwürde werde durch die Massnahmen des Lockdown mit Füssen getreten. Im Blick sind vor allem die älteren Leute, besonders jene in Heimen. «Es stört mich massiv, wenn wir die Isolation der Senior/innen und insbesondere der Altersheime als Akt der Solidarität oder gar der Nächstenliebe bezeichnen. Das ist Heuchelei», schreibt er pointiert. Im Hintergrund steht die leidvolle Erfahrung, abgeschnitten zu sein vom eigenen, dement gewordenen Vater.

Die eigenen Grenzen leidvoll spüren

Die Erfahrung, ohnmächtig zu sein, beschreibt aus anderer Perspektive auch der methodistische Pfarrer Dave Jäggi auf seinem Blog. Im Projekt venue, in dem er arbeitet, werden Personen begleitet, die sich eher am Rand der Gesellschaft bewegen. «Die Besucher/innen unserer Angebote fallen durch die digitalen Maschen», stellt er mit Blick auf die digitalen kirchlichen Angebote fest. «Auch das Internet kennt Milieugrenzen.» Postkarten und Telefonanrufe seien nur ein sehr begrenzter Ersatz. Eine Besuchstour durchs Dorf sei nicht möglich. «Ich leide. Ich leide an meinem Unvermögen. Weil mir schmerzlich bewusst wird, dass meine Energie Grenzen hat und meine Tage nur 24 Stunden.»

Weltweiter methodistischer Osterchor

Wie für diejenigen, die über die digitalen Möglichkeiten verfügen, Gemeinschaft möglich ist und Menschen weltweit verbunden sein können, zeigte an Ostern ein Projekt der weltweiten Methodistenkirche. Über 300 Methodist/innen aus der ganzen Welt singen zusammen in einem virtuellen Chor das Osterlied «Christ the Lord is risen today» von Charles Wesley. Der anglikanische Geistliche stand mit seinem Bruder John Wesley zusammen am Anfang der methodistischen Bewegung. Viele seiner über 5000 Lieder werden bis heute regelmässig gesungen und wurden in zahlreiche Sprachen übersetzt. Insofern ist das Video eine Einladung für Methodist/innen, die weltweite Verbundenheit in neuer Weise zu (er)leben. Diese grosse Gemeinschaft erklingt gegen Ende des Videos besonders eindrücklich.

S.F.
Beitragsbild: Queven, Pixabay.com

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