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Nicht ideale Kirche – dennoch Brief Christi

29. Mai 2020

Bischof Patrick Streiff – Videobotschaft zu Pfingsten 2020

Wir feiern Pfingsten – die Ausgiessung des Heiligen Geistes und die Sendung der Kirche in die Welt. Und wir tun es in einer Zeit, die noch immer von den gravierenden Folgen der Corona-Pandemie gezeichnet ist. In manchen Ländern des Bischofsgebiets dürfen sich Gläubige zwar wieder zum Gottesdienst versammeln, in anderen ist es noch nicht erlaubt. Wie ich in der Botschaft zu Karfreitag und Ostern sagte: die Nachwehen von heftigen Fieberschüben dauern immer länger, als man zunächst annimmt. So werden auch die Nachwehen der Corona-Pandemie noch lange spürbar bleiben. Aber Gott hat uns nicht einen Geist der Furcht gegeben. In meinem ersten Hirtenbrief zu Beginn der Pandemie habe ich uns alle an diese Verheissung aus dem 2. Timotheusbrief erinnert, dass Gott uns mit seinem Geist beschenkt, der unser Tun der Liebe und unser besonnenes Handeln jetzt besonders kräftig fördern will.

Am Pfingstfest erinnern wir uns an die Ausgiessung des Heiligen Geistes auf die Jünger und Jüngerinnen Jesu. Zwei ganz neue Möglichkeiten ergeben sich damit: Dank dieser Ausgiessung bleibt die Gegenwart Gottes mit ihnen, auch wenn Jesus als der Auferstandene ihnen entschwunden ist. Gott schenkt ihnen persönlich seine Gegenwart. Und das Zweite: dank dieser Ausgiessung des Geistes kann die Gegenwart des Auferstandenen jetzt gleichzeitig an ganz unterschiedlichen Orten aufleuchten. Die Sendung der Kirche in die Welt kann beginnen. Am Pfingstfest feiern wir beides: dass der Geist Christi im Leben der Gläubigen aktiv bleibt und dass sie mit der Botschaft von Christus ausgesandt werden in die Welt.

Das erste Pfingstfest war ein Kommunikationsfest. Unterschiede von Herkunft, persönlicher Vorgeschichte, religiöser Erwartung, Kultur und Sprache wurden überwunden. Unterschiedlichste Menschen verstanden sich und bildeten eine neue Gemeinschaft. Was sie über alle Unterschiede hinweg verband: dass sie ihr Leben ganz dem gekreuzigten und auferstandenen Jesus anvertrauten. Seit dem ersten Pfingstfest wirkt der Heilige Geist als Kommunikationsagent der Jesusgeschichte und als Teambauer Gottes.

Der Geist Gottes will dich und mich mit einspannen in diese Aufgabe. Wir werden damit zum Brief Christi, wie der Apostel Paulus es einmal formuliert hat. Wir werden zu einem Brief, geschrieben weder mit Tinte noch per Computer, sondern mit dem Geist Gottes, nicht in Stein gemeisselt und starr, sondern mit einem Herzschlag, der lebendig und situationsbezogen Spuren Gottes hinterlässt. Paulus schrieb an die Gemeinde in Korinth, sie seien erkennbar als ein Brief Christi. Er schrieb es ausgerechnet den Korinthern, die sich über manches gestritten haben und weit entfernt von einem Idealbild einer Gemeinde waren.

Auch wir Methodisten streiten uns über manches. Wir sind nicht die ideale Kirche, die wir gerne wären. Dennoch rufe ich euch bewusst zu: Ihr seid ein Brief Christi! Gebt den Menschen eine Chance, die Güte Gottes im Angesicht Jesu Christi zu erkennen. Gott hat euch den Heiligen Geist geschenkt, um die Gegenwart Christi in euch zu tragen und Gemeinschaft aufzubauen. Viele von euch haben sich auch durch das Coronavirus nicht davon abhalten lassen, in vielfältiger Weise offen zu bleiben für die Bedürfnisse anderer Menschen und Gutes zu tun. Ein herzliches Dankeschön euch allen, dass ihr in dieser Zeit ein Brief Christi seid.

In schwierigen Zeiten erweist sich, dass wir gemeinsam sehr viel mehr tun können, als wenn jeder und jede nur auf sich schaut oder nur auf die eigene Ortsgemeinde. Gemeinsam sind wir stärker, auch über Landes- und Sprachgrenzen hinweg. Zugleich gilt aber auch, dass die gemeinsame Stärke sich daran misst, für das Wohl der Schwächsten zu sorgen. Das Pfingstfest und die Erfahrungen der Urgemeinde erinnern uns an diese doppelte Wirkung des Heiligen Geistes als Kommunikationsagent und Teambauer. Ich freue mich über alle Methodistinnen und Methodisten, die ein Brief Christi sind und mithelfen, sich der Bedürftigen anzunehmen und unser gemeinschaftliches Netzwerk aufzubauen, damit Gutes ausstrahlt in diese Welt. Der Geist Gottes erfülle euch mit Freude und Frieden und segne euch als einen Brief Christi! Ein frohes Pfingstfest!

Bischof Patrick Streiff

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