Hohe Gesprächskultur bewahrt respektvolles Miteinander
1. Dezember 2020
Die Methodistenkirche in Deutschland öffnet sich in sexualethischen Fragen und bewahrt Raum für konservative Überzeugungen.
Der für die Methodistenkirche in Deutschland zuständige Kirchenvorstand hat am 20. und 21. November an einer per Videokonferenz durchgeführten Sitzung eine Öffnung in sexualethischen Fragen und die Bildung eines Gemeinschaftsbunds mit konservativer Prägung beschlossen.
Die sofort wirksam werdenden Beschlüsse umfassen im Wesentlichen zwei Änderungen: Zum einen werden die wenigen Passagen mit negativen Aussagen zum Thema Homosexualität sowie die dazugehörigen Verbote kirchlicher Handlungen vorläufig ausser Kraft gesetzt. Zum anderen wird in der Ordnung der Kirche die Neuformierung eines «Gemeinschaftsbunds» innerhalb der Methodistenkirche in Deutschland verankert, der besonders in Fragen von Sexualität und Ehe eine ausdrücklich konservative Profilierung haben wird.
Öffnung ohne Automatismus
Das durch die Ausserkraftsetzung bewirkte «Schweigen in der Ordnung» zu Fragen der Homosexualität gibt Gemeinden in Deutschland die Möglichkeit, sich für die Belange von Menschen in gleichgeschlechtlichen Beziehungen stärker zu öffnen und ihnen in der Kirche eine Heimat zu bieten. Zwei weitere Beschlüsse sichern ab, dass diese Öffnung weder automatisch erfolgt noch daraus ein Zwang entsteht. Diese Beschlüsse garantieren ordinierten Geistlichen Gewissensschutz und sichern methodistischen Gemeinden zu, gleichgeschlechtlichen Paaren nicht automatisch kirchliche Handlungen gewähren zu müssen. Die Ausserkraftsetzung bedeutet also nicht die gleichzeitige Inkraftsetzung und Befürwortung kirchlicher Handlungen für gleichgeschlechtliche Paare.
«Gemeinschaftsbund» als innerkirchliche Gemeinschaft
Mit der Beschlussfassung des Kirchenvorstands wird die für Deutschland gültige Ordnung der Methodistenkirche mit der Bildung und Ausgestaltung eines Gemeinschaftsbunds ergänzt. Dieser ist Teil der Kirche in Deutschland. Einzelne Kirchenglieder sowie Gemeinden oder Bezirke können sich diesem Bund anschliessen, sodass Menschen und Gemeinden mit überwiegend konservativer Prägung in sexualethischen Fragen weiterhin innerhalb der Kirche eine Heimat haben. Der Gemeinschaftsbund ist ausdrücklich in die Arbeit der Kirche auf verschiedenen Ebenen bis hin zur Mitarbeit im Kirchenvorstand eingebunden.
«Das ist eine wichtige Etappe, aber wir brauchen noch viel Aufmerksamkeit füreinander, damit das Pflänzlein Vertrauen wachsen und sich in die Gemeinden hinein entfalten kann», sagte Harald Rückert, der Vorsitzende des Kirchenvorstands und für Deutschland zuständige methodistische Bischof. Der weitere Weg könne nur gelingen, «wenn wir uns auf Gott ausrichten und bereit sind, den weiteren Weg gemeinsam zu gehen».
Bdeutung für die weltweite Methodistenkirche
Eine «hohe Achtung vor der erlebten Gesprächskultur» zollte der für die methodistischen Kirchen in Mittel- und Südeuropa zuständige Bischof Patrick Streiff. Er war aus seinem Dienstsitz in Zürich per Videokonferenz für einige Stunden der Sitzung des Kirchenvorstands in Deutschland zugeschaltet. Streiffs Bischofsgebiet umfasst sieben Jährliche Konferenzen (Synoden), deren Gebiete sich über insgesamt sechzehn Länder in Mittel-, Süd- und Osteuropa erstrecken. Die kulturellen, theologischen und gesellschaftlichen Prägungen sind dabei sehr unterschiedlich.
Auch dort führten die Fragen zum Umgang mit Homosexualität zu Auseinandersetzungen. Daher war Rückerts Bischofskollege sehr am Ergebnis des Runden Tischs und der Entscheidung des für die Methodistenkirche in Deutschland zuständigen Kirchenvorstands interessiert. «Wenn die Zentralkonferenz Deutschland in diesen Fragen einen gangbaren Weg findet und zusammenbleiben kann, ist das auch für andere Konferenzen interessant», sagte Streiff und attestierte der Beschlussfassung «eine weit über die deutsche Zentralkonferenz hinausreichende Bedeutung für unsere weltweite Kirche».