Bezirk

Methodisten arbeiten an ihren «Tischmanieren»

26. Februar 2021

Die durch die Pandemie und die dadurch erzwungene Verzögerung kirchlicher Entscheidung geschenkte Zeit nutzen, wollte eine internationale Gruppe von Methodist/innen. Sie haben in einem partizipativen Prozess einen Vorschlag erarbeitet, wie Methodist/innen weltweit künftig besser miteinander unterwegs sein können.

«Lasst uns an unseren ‹Tischmanieren› arbeiten» fordert eine von der Gruppe «Out of Chaos … Creation» (Aus dem Chaos … Schöpfung) erarbeitete «Vision Map» auf. In diesem Dokument fliessen Ergebnisse aus einem Prozess zusammen, der vor ziemlich genau einem Jahr begann und in den sich Methodist/innen aus der ganzen Welt eingebracht haben.

Ausgebremst

Christine Schneider aus der Schweiz war Teil dieser Gruppe. Anfang März 2020 fand das erste virtuelle Treffen statt. Die Pandemie legte zu diesem Zeitpunkt in vielen Teilen der Welt auch das kirchliche Leben lahm. Die Diskussionen um eine mögliche Trennung der weltweiten Methodistenkirche traten in den Hintergrund.

Wie soll Kirche sein?

Statt zu lamentieren, könnte man die Zeit als geschenkte Zeit nutzen, fanden einige Methodist/innen in den USA. Sie luden andere Methodist/innen aus der ganzen Welt zur Mitarbeit in einer Gruppe ein. Die Gruppenmitglieder erarbeiteten Studienunterlagen für Kirchgemeinden. Sie holten Rückmeldungen ein, führten Webinare durch und lancierten eine Umfrage. Immer ging es um die Kernfrage: Was für eine Kirche wollen wir künftig sein?

Gemeinsam an einem Tisch

Im Zentrum der nun vorgelegten «Vision Map» steht das Bild des Tisches. Personen von den Philippinen hätten dieses Bild eingebracht, erzählt Schneider. Darin schwingt der Gedanke an das gemeinsam gefeierte Abendmahl mit. Die Gemeinde findet sich zusammen am «Tisch des Herrn». Die «Tischmanieren» kamen auf Vorschlag von Christine Schneider ins Dokument. Sie beschreiben, wie Methodist/innen miteinander umgehen.

Platz machen

Es seien im wesentlichen zwei zentrale Impulse, die das Dokument vermitteln wolle, sagt Schneider: «Zum einen wollen wir ein Bewusstsein schaffen dafür, dass wir mehr Platz machen müssen am Tisch.» Personen, die sich oft in kirchlichen Gremien bewegten, nähmen sich manches Mal ein wenig zu wichtig. Doch Kirche finde nicht in Gremien und auf Konferenzen statt. «Hier muss man bescheidener werden, die Leute in den Blick nehmen, die vor Ort Kirche sind: Was würde das, was hier verhandelt wird, für diese Leute heissen?»

Bescheidener werden

Ausserdem gehe es darum, wie Methodist/innen miteinander umgehen: «Wir entscheiden nicht, wer am Tisch Jesu Platz hat», sagt Schneider. Das ist für sie eine Kerneinsicht. Es gehe um einen Perspektivwechsel. «Manches mal haben wir den Eindruck, wir seien die Gastgeber. Doch wir sind nicht Gastgeber, wir sind Gäste!» Wir hätten nicht darüber zu entscheiden, wen Gott an seinem Tisch haben will. «Das sollte uns bescheidender machen – auch im Urteilen.»

US-Zentrismus durchbrechen

Die Gruppe setzt sich zusammen aus aktuellen und ehemaligen Delegierten der Generalkonferenz, des obersten Leitungsgremiums der weltweiten Methodistenkirche. Die ist bislang inhaltlich und formal sehr stark durch Kultur und Themen der us-amerikanischen Methodistenkirche geprägt.

Sie habe öfters Entscheidungsprozesse erlebt, bei denen Personen aus Bischofsgebieten (Zentralkonferenzen) ausserhalb der USA eher in Form einer Alibi-Übung einbezogen worden seien, sagt Schneider. «Das war in dieser Gruppe nicht so.» Die Bedeutung der Stimmen von ausserhalb der USA habe im Verlauf des Prozesses gar an Gewicht gewonnen. Vier der sieben Personen, die die neue «Vision Map» erarbeitet haben, waren nicht aus den USA. «Ich finde, man spürt das», sagt Schneider.

Hören, was zurückkommt

Was geschieht nun mit dem Dokument? – «Wir sind natürlich gespannt auf Echos», sagt die Schweizer Methodistin. Die « Impulse für einen besseren Weg, als evangelisch-methodistische Christen miteinander unterwegs zu sein» stehen auf der Website der Gruppe «Out of Chaos … Creation» seit Mitte Februar in einer englischen, französischen und spanischen und deutschen Fassung zur Verfügung. Auf der Website kann die Erklärung auch unterzeichnet werden.

Wie der Weg danach weitergeht, sei im Moment noch ganz offen. Das ist typisch dafür, wie die Gruppe arbeitet. Jetzt seien sie mit ihrer Arbeit bei einem Etappenziel angelangt, sagt Schneider. Weitere Schritte seien bis jetzt noch nicht geplant. Die «Vision Map» solle von möglichst vielen Personen gelesen und diskutiert werden. «Was das bewirkt – und ob wir als Gruppe nächste Schritte planen – das ist ganz offen. Wir sind an einem Punkt, an dem wir wieder hören wollen, was zurückkommt.»

S.F.
Beitragsbild: zVg (Out of Chaos, Creation)

Weitere Newsmeldungen

Deutsche Fassung der «Vision Map»

Bericht von UM-News (engl.)

Abonnieren Sie hier unseren Newsletter


Generalkonferenz

Die Generalkonferenz ist das oberste Leitungsgremium der weltweiten Methodistenkirche (United Methodist Church). Die Konferenz kann das Kirchenrecht revidieren und Resolutionen zu aktuellen moralischen, sozialen, politischen und wirtschaftlichen Fragen verabschieden. Sie genehmigt auch Programme und Budgets für kirchenweite Aktivitäten.

Weitere Meldungen zur Generalkonferenz

Zentralkonferenz

In Afrika, Europa und auf den Philippinen bilden die Jährlichen Konferenzen einer grösseren Region sogenannte Zentralkonferenzen. Die Zentralkonferenz bildet eine administrative Einheit, die die gemeinsame Arbeit und Mission koordiniert und auch ihren Bischof oder ihre Bischöfin wählt. Die an eine Zentralkonferenz entsandten Delegierten sind zu gleichen Teilen Laien und pastorale Mitglieder. Die Jährliche Konferenz Schweiz-Frankreich-Nordafrika ist Teil der Zentralkonferenz von Mittel- und Südeuropa unter der bischöflichen Aufsicht von Bischof Dr. Patrick Streiff (Zürich).