Methodistisches Seelsorgeangebot für Leute aus der LGBTQIA+-Community
20. August 2021
Seit Kurzem bieten einige methodistische Pfarrer:innen Seelsorge für Leute aus der LGBTQIA+-Community. Pfarrerin Nicole Becher hat das Angebot «Safe place to be» zusammen mit einer jungen Kollegin initiiert. Sie erzählt, wie das Projekt entstand und warum es ein solches Angebot braucht.
🔗«Safe place to be» soll, wie der Name sagt, einen sicheren Ort schaffen, an dem Menschen aus der LGBTQIA+-Gemeinschaft sein können. Im englischen Sprachraum gebe es «safe spaces», die auch von der Community genutzt werden, erklärt Nicole Becher. Daran lehnt sich der Name an. Einerseits gehe es um einen sicheren Raum, in dem Personen aus der LGBTQIA+-Gemeinschaft wissen können: «Hier bist du wirklich sicher. Hier kannst du sagen, was dich kümmert oder freut – und musst nicht damit rechnen, dass jemand dumme Bemerkungen macht.» Zugleich stecke darin auch so etwas wie eine Zusage: «Du kannst damit rechnen, dass die Leute hier sich auskennen: Was gibt es alles im queeren Spektrum? Wie ist das mit Pronomen? Und so weiter.»
Ein gemeinsames Anliegen
Entstanden ist die Idee aus ersten Gesprächen zwischen Nicole Becher und ihrer Kollegin Chae Bin Kim. Sie hätten bemerkt, dass sie beide eine besondere Aufmerksamkeit für Personen am Rand haben. «Es gibt Menschen, die kommen im Alltag immer zu kurz», sagt Nicole Becher. «Die gehören zu Minderheiten, müssen sich immer rechtfertigen, zurückhalten oder mit unangemessenen Bemerkungen rechnen.»
Die Fokussierung
Für solche Personen am Rand wollten sich die beiden Pfarrerinnen einsetzen. «Wir haben in unseren Gesprächen dann schnell festgestellt: Wir müssen uns fokussieren.» Die intensiven 🔗Diskussionen in der weltweiten Methodistenkirche um den Umgang mit homosexuellen Personen wurde zu einem wichtigen Impuls. Die beiden beschlossen, ein Angebot für die LGBTQIA+-Gemeinschaft zu entwickeln.
Die ersten Schritte
Die beiden Pfarrerinnen suchten von Anfang an das Gespräch mit den Verantwortlichen von 🔗«Bärg u Tal». «Alles, was Chae Bin und ich uns angeschaut und entworfen haben, haben wir immer mit ihnen besprochen.» Daneben haben sie weitere methodistische Pfarrer:innen angefragt, ob sie mitarbeiten wollen. Vorerst wurden nur Pfarrpersonen angefragt. «Im Moment fokussieren wir uns auf die Seelsorge durch Pfarrpersonen.»
Das Team wächst
So entstand ein 🔗Team von acht Pfarrer:innen. «Mit ihnen zusammen haben wir dann die nähere Ausarbeitung des Projekts gemacht», erzählt Nicole Becher. In den meisten Regionen der Schweiz stehen nun Seelsorger:innen zur Verfügung. «Inzwischen haben wir zudem noch weitere Anfragen gestartet.» Ausserdem seien nach der Tagung der Jährlichen Konferenz (Synode) im Juni, an der 🔗das Projekt vorgestellt wurde, einige interessierte Personen auf sie zugekommen.
Ein notwendiges Angebot
Aber braucht es für die methodistischen Gemeinden in der Schweiz und Personen an deren Rändern tatsächlich so ein Angebot? – «Ja», antwortet Nicole Becher prompt und begründet ihre klare Antwort auch gleich: « Das hat mit den Erfahrungen zu tun, die ich in den letzten Jahren gemacht habe aufgrund der Diskussionen über Homosexualität.» Sie war in verschiedenen Gesprächsgruppen, in denen Methodist:innen mit unterschiedlichen Haltungen zur Homosexualität nach Wegen gesucht haben, wie ein Miteinander innerhalb der methodistischen Kirche trotz unterschiedlicher Positionen in dieser Frage möglich sein kann. «In diesen Zusammenhängen habe ich sehr viel mitbekommen, was ausserhalb meines eigenen pfarramtlichen Bereichs war.» Auch in ihrer eigenen Arbeit als Pfarrerin sei sie diesen Fragen begegnet.
Erste Kontakte
Wie werden denn nun die Leute aus der LGBTQIA+-Community auf dieses Angebot aufmerksam? – «Da müssen wir noch ein wenig dran arbeiten», sagt Nicole Becher und lacht. Die Vernetzung mit «Bärg u Tal» sei eine wichtige Kontaktstelle. «Im Moment sind wir darauf angewiesen, dass die auf uns hinweisen», sagt Nicole Becher. «Das haben die auch schon gemacht. Daraus gab es bereits erste Kontakte.»
Das Netzwerk wächst
Ausserdem hätten sie sich bei verschiedenen Netzwerken vorgestellt, zum Beispiel bei 🔗«Zwischenraum Schweiz». «Wir haben auch mit Therapeut:innen Kontakt aufgenommen und uns da vorgestellt», sagt Nicole Becher. Dort hätten sie zugleich auch angefragt, ob sie diese Therapeut:innen in eine Liste bei sich aufnehmen können. «Denn wir sind ja keine Therapeut:innen. Wir brauchen Leute im Hintergrund, an die wir verweisen, die sich aber auch mit unserer Idee identifizieren können.»
Als nächstes sei geplant, Veranstaltungen der Community zu besuchen und bei Angeboten von «Bärg u Tal» mit dabei zu sein. «Natürlich können auch andere Pfarrpersonen uns fragen.» Dies sei mit ein Grund gewesen, weshalb das Projekt an der Tagung der Jährlichen Konferenz vorgestellt wurde. «Und spätestens an der nächsten Pfarrweiterbildung werden wir noch einmal dafür werben.
S.F.
Beitragsbild: Das Seelsorgeteam: Sarah Bach, Dave Jäggi, Andrea Brunner, Damaris Raymann, Nicole Becher (hinten, v.l.), Stefan Zolliker, Chae Bin Kim (vorne, v.l.). Nicht auf dem Bild: Peter Gumbal. (Foto: SF / EMK Schweiz
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Für Queers und Non-Queers
«Bärg u Tal» ist ein methodistisches Projekt von 🔗«Kirche anders», bei dem Queers und Non-Queers mit ihren Erfahrungen und Fragen – auch rund um den Glauben – als Gemeinschaft unterwegs sind. Weitere Infos auf der 🔗Website des Projektes.