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Bild: Briefe

Das Erbe der Alten neu schätzen lernen

11. Januar 2022

Zu: 🔗«Ich bin stolz darauf, dass wir im ‹Kirchen­kuchen› als sehr inno­vativ gelten»

Schon seit einigen Jahren verfolge ich mit Interesse dank «Kirche und Welt» die Entwicklung der EMK in der Schweiz, insbesondere auch im Blick auf die notwendigen Transformationen, die die Kirche diverser und zukunftsfähig machen sollen.

Die Ausgabe 1/2022 berichtet über das innovative «Kirchenkuchen»-Projekt in Frauenfeld. Hintergrund ist das Projekt «Legacy», das in Gemeinden, die ihre Arbeit nicht mehr wahrnehmen können, Erbe und Nachlass nicht einfach abwickelt, sondern mit dem Erbe resp. Nachlass etwas ganz Neues startet. Ich finde es erfreulich bemerkenswert, dass die wohl jahrzehntelange Arbeit der Gemeinde mit den Stichworten Erbe bzw. Nachlass Wertschätzung und Respekt erfährt. Auch wenn die Menschen dort vermutlich älter und weniger geworden sind bedeutet das nicht, dass ihre Arbeit, ihre Mühen und ihre Treue nichts mehr wert wären. Ja sogar auch im Blick auf die Zukunft viel Gutes und Neues gebären können.

Häufig erlebe ich im Kontext von klein und älter gewordenen Gemeinden einen starken negativen Unterton – je nach Lesart als Selbst- oder auch Außenwahrnehmung. «Alt geworden», «Überalterung», «nur noch Ältere» – so und ähnlich lauten die Zuschreibungen, die letztlich als altersdiskrimierend verstanden werden müssen. Das Erbe der Alten wieder neu schätzen lernen würde vielen Älteren helfen, sich auf neue Wege einzulassen und seien sie noch so ungewohnt und innovativ. Eine wichtige Kommunikations- und Beziehungsaufgabe für alle, die an diesen Transformationsprozessen beteiligt sind.

Zuletzt würde mich noch interessieren, wohin denn die letzten älteren Gemeindeglieder, sofern es sie in Frauenfeld überhaupt noch gibt, künftig gehen werden, wenn sie einen Gottesdienst besuchen wollen. Gibt es EMK’s erreichbar in der Nähe oder werden sie im ökumenischen Kontext sich neu beheimaten (müssen)? Das alles ist keine Katastrophe, aber doch für die Betroffenen mit Trauer und Verlust verbunden, was aber mit guter seelsorgerlicher Begleitung – und dazu gehört entscheidend die Wertschätzung ihres Erbes bzw. Nachlasses – zu unverhofft schönen und neuen Erfahrungen führen kann.

Ich wünsche dem Projekt «Legacy» und allen Pionierinnen und Pionieren viel Weisheit, Liebe und Geistkraft.

Ulrike Burkhardt-Kibitzki, Stuttgart

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