
Hilfe für Flüchtlinge braucht einen langen Atem
31. März 2022
Egal ob deren Weg weiterführt oder sie bleiben wollen: Zusammen mit staatlichen und nichtstaatlichen Organisationen helfen Methodist:innen den Flüchtlingen aus der Ukraine. An Bedeutung gewonnen hat die Aufgabe, Flüchtlinge zu unterstützen, die längere Zeit in den jeweiligen Ländern bleiben wollen.
«Schont eure Kräfte! Der Weg, den wir gehen, wird lang sein», sagt Ivana Procházková, Superintendentin der Methodistenkirche in Tschechien, im Blick auf die Hilfsaktionen für Flüchtlinge aus der Ukraine. Selbst wenn sich die Hoffnung auf Frieden in der Ukraine schon bald erfüllen sollte, werden viele Flüchtlinge noch monatelang in den Ländern bleiben, in denen sie nach dem Verlassen ihrer Heimat Zuflucht gefunden haben
Erschütternde Zahlen
Über vier Millionen Ukrainer:innen haben das Land laut UNHCR bereits verlassen. Über sechs Millionen seien im Land selbst auf der Flucht. Schätzungsweise rund 13 Millionen Ukrainer:innen seien in durch Kriegshandlungen betroffenen Gebieten gestrandet und könnten diese aktuell nicht verlassen, schreibt das Hilfswerk der Vereinten Nationen auf 🔗twitter.
«Freunde» und «Gäste»
«Auf der Grundlage der Erfahrungen der letzten Wochen tun Männer und Frauen der Methodistenkirche ihr Bestes, um ihren ‹neuen Freunden› und ‹Gästen›, wie die Flüchtlinge von den Verantwortlichen in Rumänien und Polen genannt werden, zu helfen», schreibt Urs Schweizer. Der Assistent von Bischof Patrick Streiff gibt aus Berichten der Verantwortlichen in Bulgarien, Tschechien, Ungarn, Polen, Rumänien und der Slowakei regelmässig einen kurzen Überblick über die Hilfsaktionen der Methodistenkirche dieser Länder.
Weiterreisen oder bleiben
«Zahlreiche Flüchtlinge setzen ihre Reise fort, nachdem sie einige erholsame Nächte in einem Land verbracht haben, das direkt oder indirekt an die Ukraine grenzt», schreibt Schweizer. So jedenfalls schildern die Verantwortlichen in Ungarn und der Slowakei die Situation. Etwas anders stellt sich die Lage in Polen und Tschechien dar. «Andrzej Malicki, Superintendent der Methodistenkirche in Polen, schätzt, dass etwa 60% der mehr als zwei Millionen Flüchtlinge, die bisher in sein Land geflohen sind, bleiben wollen.» Ähnlich seien die Beobachtungen in Tschechien.
Sprachkurse in der Landesprache

Für die Hilfsangebote staatlicher, kirchlicher und anderer nichtstaatlicher Organisationen bedeute das, dass neben der Nothilfe für Flüchtlinge auf ihrer Weiterreise die Betreuung derjenigen, die länger bleiben, immer wichtiger werde, schreibt Schweizer. So bieten etwa methodistische Kirchgemeinden in 🔗Kielce und 🔗Ełk (Polen) oder Prag (Tschechien) Sprachkurse in der jeweiligen Landessprache für Menschen aus der Ukraine an.
Unterstützung bei Integration
Die Gemeinde in 🔗Prag-Horní Počernice (Tschechien) bezieht zudem ukrainische Kinder in die bestehenden Aktivitäten eines durch das methodistische Diakoniewerks in Tschechien betriebenen Heims ein. Zugleich unterstützen Leute aus dieser Kirchgemeinde ukrainischen Frauen auch bei der Suche nach Arbeit.
Internetzugang
Für Flüchtlinge, die weiter Richtung Westen reisen wollen, bieten zahlreiche Kirchgemeinden auch weiterhin Unterkünfte in ihren eigenen oder durch sie bereitgestellten Räumen an. In Ungarn haben Methodist:innen einen Ort eingerichtet, an dem Flüchtlinge sich waschen und kostenlosen Zugang zum Internet erhalten können.
Hilfsgüter transportieren
Die Methodist:innen unterstützen nicht nur die Flüchtlinge, die in ihre Länder kommen. Dank langjähriger Kontakte und eines neu ausgebauten Netzwerks der Zusammenarbeit mit methodistischen Gemeinden in der Ukraine konnten bereits mehrere Transporte mit Hilfsgütern in die Ukraine geschickt werden, schreibt Schweizer. Methodist:innen aus Polen, Rumänien und Tschechien haben auf diese Weise Medikamente, Lebensmittel, Spielsachen, Windeln, Bettwaren und anderes in die Ukraine gebracht.
Methodist:innen auf der Flucht
In 🔗Puławy (Polen) waren unter den aufgenommenen Flüchtlingen auch eine methodistische Pastorin und ein Pastor sowie ein halbes Dutzend Personen einer Methodistengemeinde in der Ukraine. Grundsätzlich spielten Religions- oder Denominationszugehörigkeit jedoch keine Rolle, sagen die Verantwortlichen. «Wer Hilfe benötigt und sich an die Methodistenkirche wendet, bekommt diese Hilfe wenn immer möglich.»
Flüchtlinge helfen mit
Auch in einer weiteren Hinsicht zeigt sich laut Schweizers Bericht «eine bemerkenswerte Entwicklung»: «Frauen, Männer, Jugendliche und Kinder aus der Ukraine schlafen nicht ‹nur› in Kirchen- oder Gästezimmern, sondern sie nehmen auch an Gottesdiensten teil oder werden in anderer Hinsicht aktiv».
So hilft laut dem Bericht von Schweizer zum Beispiel in Ungarn ein baptistischer Missionar, der aus der Ukraine geflüchtet ist, bei Übersetzungsarbeiten und der seelsorgerlichen Begleitung der Flüchtlinge. Ctirad Hrubý, Pastor der Methodistenkirche in 🔗Mikulov (Tschechien), erzählt das ermutigende Beispiel zweier junger Christinnen aus der Ukraine. Wenige Tage nachdem diese in Mikulov angekommen seien, leiteten sie nun einen neu eröffneten Kinderclub für ukrainische Kinder.
Nächster Halt: Methodistenkirche
Das methodistische Netzwerk mit Ortskirchen der einen, weltweiten Kirche in verschiedenen Ländern kann gerade in dieser herausfordernden Situation eine wertvolle Unterstützung für die Hilfsaktionen sein. Ein Newsletter der Methodistenkirche in Tschechien erzählt dafür das Beispiel zweier Familien, die von Kiew (Kyiv) nach Ungarn gekommen waren. Auf Bitte des methodistischen Superintendenten hin wurden die vier Erwachsenen und sechs Kinder auf ihrer Weiterreise Richtung Schweden als nächste Station in der Methodistenkirche 🔗Slaný (Tschechien) untergebracht.
Spenden hilft
Auch noch in einer anderen Hinsicht kommt das methodistische Netzwerk zum Tragen. Beispielhaft sagen das die Verantwortlichen in Tschechien: «Es gibt in der Methodistenkirche in Tschechien viele Freiwillige, die zu helfen bereit sind. Die Herausforderung ist jedoch, die für die Hilfe notwendigen finanziellen Mittel zur Verfügung zu stellen.» Die Verantwortlichen seien deshalb sehr dankbar für die Spenden, die in Westeuropa und den USA zusammengetragen werden, um diese Last gemeinsam zu tragen.
Tugenden bewahren
«Wir befinden uns in einer Situation, die unsere Schwächen, aber auch unsere Stärken offenbart», zitiert Schweizer in seinem Bericht Karel Nyerges. Dieser ist Direktor des methodistischen Diakoniewerks in Tschechien. Aktuell werde von allen Beteiligten «bedingungslose Akzeptanz und gegenseitige Toleranz» erwartet, sagt Nyerges. Gerade im Blick auf ein mittel- und längerfristiges Engagement gelte es, diese Haltungen zu bewahren. Darum fordert er auf: «Lasst uns versuchen, dafür zu sorgen, dass diese Tugenden unter uns bleiben, auch wenn im Umfeld bereits andere Gedanken und Meinungen zunehmen.»