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Bild: Vor Sokunthy in einer ihrer Verkaufsstellen.

Start­hilfe für eine talen­tierte Jung­unternehmerin in Kam­bodscha

28. April 2023

Drei Jahre ist es her, seit Ulrich Bachmann, Leiter von Connexio hope und Connexio develop, zuletzt nach Kambodscha reisen konnte. Ende März war er wieder dort und besuchte kirchliche und soziale Projekte der Methodistenkirche.

«Die drei Jahre seit meinem letzten Besuch in Kambodscha – mit einer verheerenden Pandemie dazwischen – kommen mir wie eine gefühlte Ewigkeit vor«, sagt Ulrich Bachmann. Die Gespräche und Begegnungen bei seiner Reise Ende März hätten ihm deutlich vor Augen geführt, dass Kambodscha nicht mehr am selben Ort stehe wie vor der Pandemie.

Strikte Corona-Massnahmen

An vielen Orten sind nach seiner Wahrnehmung die Folgen der Pandemie deutlich erkennbar. Kambodscha hatte sich lange an die Null-Covid-Strategie Chinas angelehnt, dann jedoch ab dem Frühjahr 2022 die Praxis einiger südost-asiatischer Länder übernommen und eine schrittweise Öffnung vollzogen. Dies auch im Blick auf den Tourismus, der für das Land ein wichtiger Wirtschaftszweig ist.

Geschwächte Widerstandskraft

«Viele Menschen, insbesondere in ländlichen Regionen, haben aber immer noch Schwierigkeiten, ihre Existenz zu sichern», sagt Ulrich Bachmann. «Die Jahre der Pandemie haben die Widerstandskraft der Menschen, Krisen meistern zu können, geschwächt.» Erschwerend hinzu kämen sich häufende extrem Wetterereignisse. «Die Überschwemmungen im letzten Jahr haben deutlich gezeigt, dass Krisen für die Menschen eine grosse Bedrohung darstellen.»

Entwicklung fördern

Zur Arbeit der Methodistenkirche in Kambodscha gehören gemeinnützige Projekte, in denen die beteiligten Personen befähigt werden, unternehmerisch zu handeln. Vor Sokunthy, eine junge Mutter von zwei Kindern, hat durch die «Spar- und Leihgruppe» der Methodistenkirche einen Kredit erhalten. Inzwischen hat die talentierte Jungunternehmerin weitere Frauen angestellt und verkauft ihre Produkte online.

Innovative Unternehmerin

Wie ihre Mutter hatte Vor Skunthy einige Jahre in einer Textilfabrik in Phnom Penh gearbeitet. Als junge Mutter von zwei Kindern entschied sie sich 2020 in ihren Heimatort Chi He in der Provinz Kompong Cham zurückzugehen, dorthin, wo sie aufgewachsen war und sich zu Hause fühlt. Mit wenig Geld begann sie sich ein neues Leben in ihrer Heimat aufzubauen. Sie schloss sich einer «Spar- und Leihgruppe» an, die vom Komitee für soziale Anliegen der Methodistenkirche begleitet wird. Ihr unternehmerisches Geschick und ihre innovativen Ideen blieben der Gruppe nicht verborgen. Bald gewährte die Gruppe ihr einen Kredit, den sie gemäss den gruppeneigenen Bestimmungen zurückbezahlt hat.

Erfolg ermöglicht weitere Hilfe

Sie begann eine Weberei und ein Nähatelier aufzubauen. Die Artikel sind gefragt. Für den Verkauf nutzte sie auch das Netzwerk in der Hauptstadt Phnom Penh, das sie schon als Textilarbeiterin hatte. Ihr kleines Unternehmen begann zu wachsen. Bald schon konnten weitere Frauen aus dem Ort bei ihr arbeiten. Sie richtete im Zentrum des Ortes eine Verkaufsstelle ein, in der die produzierten Produkte ausgestellt sind. An der letzten Jährlichen Konferenz (Synode) der Methodistenkirche in Kambodscha präsentierte Vor Sokunthy einen Verkaufsstand für Hemden speziell für Pfarrpersonen. Inzwischen sind ihre Produkte bereits online zu kaufen. Vor Sokunthy sagt, sie sei sehr dankbar dafür, Mitglied der «Spar- und Leihgruppe» zu sein. Die Gruppe hätte ihr einen Neuanfang ermöglicht. Sie wolle sich dafür einsetzen, dass andere diese Chance auch bekommen.

Helfen Sie mit, Leben zu verändern!
🔗Connexio hope, die Organisation für kirchliche Zusammenarbeit, und 🔗Connexio develop, die Organisation für Entwicklungszusammenarbeit der Methodist:innen in der Schweiz, unterstützen die Methodistenkirche in Kambodscha mit finanziellen Beiträgen und dem Einsatz der Koordinatorin Socheata Chap.
Spenden können einbezahlt werden:
Für kirchliche Projekte: Connexio hope, Zürich, CH09 0900 0000 1574 7657 4, oder 🔗online Vermerk: Kambodscha
Für Entwicklungsprojekte und Nothilfe: Connexio develop, Zürich, CH44 0900 0000 1574 7157 9, oder 🔗online Vermerk: Kambodscha

Wahlen ohne echte Wahl

Die politische Situation in Kambodscha setzte der Arbeit der Kirchen enge Grenzen. Der seit 1998 in Kambodscha amtierende Premieminister Hun Sen gebärdet sich immer autokratischer. «Er hat de facto einen Einparteienstaat errichtet. Die Opposition wird massiv unterdrückt», schildert Ulrich Bachmann die Situation. Am 23. Juli finden in Kambodscha Parlamentswahlen statt. Das Resultat stehe bereits heute fest, meint Bachmann. Dass die Bevölkerung es wage, sich gegen die Regierung zu stellen, sei eher unwahrscheinlich. «Die Wahlen 2013 zeigten, dass die Regierung zu allem entschlossen ist und an Gewalt gegen die eigene Bevölkerung nicht zurückschreckt.»

Werbende Versprechen

Dennoch versuche die Regierung auch, bei der Bevölkerung zu punkten, indem sie sich konziliant und freundlich zeigt. Christ:innen würden 🔗umgarnt, indem die Umsetzung der neuen Bestimmungen des Ministeriums für Kultus und Religion abgeschwächt oder deren Umsetzung verzögert wird. «Einzelne Bestimmungen dieses Ministeriums über die Mindestanzahl von Mitgliedern einer Gemeinde oder über Mindestdistanz zwischen den einzelnen kultisch-religiösen Einrichtungen gefährden die Existenz kleinerer Gemeinden. Auch die Methodistenkirche wäre davon betroffen.»

Bild: Vor Sokunthy und Ulrich Bachmann von Connexio

Die Jungunternehmerin Vor Sokunthy auf einem Gehöft in Chi He, Kompong Cham Province, Kambodscha. Auf dem Sozius Ulrich Bachmann. (Foto: Socheata Chap)

Schritt in die Eigenständigkeit

Seit bald fünf Jahren wird die Methodistenkirche in Kambodscha als provisorische Jährliche Konferenz (Synode) geführt. «Geplant war, die vollständige Eigenständigkeit als Jährliche Konferenz 2027 zu vollziehen.» Inzwischen würden die Verantwortlichen darüber diskutieren, ob dieser Schritt nicht bereits 2026 vollzogen werden soll.

Pfarrer:innen verdienen wenig

«Zunehmend schwieriger gestaltet sich die Rekrutierung von jungen Pfarrpersonen», sagt Ulrich Bachmann. Die Bibelschule der Methodisten verzeichne abnehmende Zahlen von Studierenden. «Der Arbeitsmarkt in Kambodscha ist sehr kompetitiv. Die momentan sehr tiefen Gehälter der Pfarrpersonen sind weit unter dem, was eine Arbeitnehmerin oder ein Arbeitnehmer in einer Fabrik verdient.» Das Gehalt einer Pfarrperson reiche nicht, um die Existenz einer Familie zu sichern. «Die Kirche ist gezwungen, die Situation für die Pfarrpersonen zu verbessern, gleichzeitig sind die finanziellen Möglichkeiten der Kirche gering», beschreibt Bachmann das Dilemma der Kirche.

Kirche mit gesellschaftlicher Wirkung

«Es tat gut, den Leuten in Kambodscha wieder einmal persönlich begegnen zu können und zudammen mit unserer Koordinatorin Socheata Chap verschiedene Projekte zu besuchen», sagt Ulrich Bachmann. «Mich hat beeindruckt, wie die Methodistenkirche in Kambodscha im engen Rahmen ihrer finanziellen und politischen Möglichkeiten für viele Menschen zu einer nachhaltige Verbesserung ihrer Lebensumstände beiträgt. »

S.F. / Ulrich Bachmann
Beitragsbild: Verkaufsstelle mit Auslage von Vor Sokunthy in Chi He, Kompong Cham Province (Foto Ulrich Bachmann)

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