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Symbolbild: Kirche und Schornsteine

Weiter in fossile Energie investieren – ein No-Go für die methodistische Kirche?

28. Juli 2023

Lässt sich begründen, dass kirchliche Institutionen weiterhin in Unternehmen aus dem fossilen Sektor investieren? Eine einfache Antwort scheint nicht möglich.

Extreme Hitzeperioden in den südlichen Ländern Europas und Waldbrände nicht zuletzt in vielen Feriendestinationen, Starkregen, Hagel, Unwetter in Norditalien und der Schweiz – die Auswirkungen des Klimawandels werden unübersehbarer. Auch in Europa.

Offene Fragen

Kann eine Kirche es sich erlauben, unter diesen Umständen weiterhin in Unternehmen zu investieren, die wesentlich mit fossilen Energieträgern wirtschaften? Die Generalkonferenz der United Methodist Church (UMC), der weltweiten Methodistenkirche, tagt im Jahr 2024 wieder. Den Delegierten werden dann Anträge vorliegen, die fordern, nicht länger in fossile Brennstoffe zu investieren.

Die Generalkonferenz
Die Generalkonferenz ist das oberste Leitungsgremium der weltweiten Methodistenkirche (🔗United Methodist Church). Die Konferenz kann das Kirchenrecht revidieren und Resolutionen zu aktuellen moralischen, sozialen, politischen und wirtschaftlichen Fragen verabschieden. Sie genehmigt auch Programme und Budgets für kirchenweite Aktivitäten.
Die nächste Tagung ist vom 23. April bis zum 3. Mai 2024 in Charlotte im US-Bundesstaat North Carolina geplant.

Konkret geht es um das Engagement von Wespath Benefits and Investments. Diese Einrichtung verwaltet als Pensionskasse und Krankenversicherung für Angestellte der methodistischen Kirche in zahlreichen Ländern Vermögenswerte von über 24 Milliarden US-Dollar. In den USA gehört Wespath zu den grössten nicht-staatlichen Renten- und Krankenversicherern.

Klare Grundsätze

Die von Wespath verwalteten Gelder investiert die Einrichtung nach Grundsätzen, die Fragen der sozialen Gerechtigkeit oder der Klimaveränderung berücksichtigen. Letztere sehen vor, dass von Wespath verwaltete Gelder nicht in Unternehmen investiert werden, wenn der Anteil des aus fossilen Energieträgern gewonnenen Ertrags  50% übersteigt.

Weitreichende Forderung

Eine Gruppe von Methodist:innen hat sich in der Bewegung «Fossil free UMC» zusammengeschlossen, um methodistische Jährliche Konferenzen (Synoden) und Wespath davon zu überzeugen, alle Anteile an Unternehmen, die mit fossilen Energieträgern wirtschaften, zu verkaufen. Im Sinne dieser Bewegung argumentiert Mark Davies, methodistischer Pfarrer und Professor an der Oklahoma City University, in einem Beitrag, der von der Online-Plattform «United Methodist Insight» aufgenommen wurde.

Indem Wespath und andere methodistische Einrichtungen in solche Unternehmen investierten, profitierten sie einerseits von deren Gewinnen. Zugleich seien sie dadurch mitverantwortlich für den ökologischen Schaden, den diese Unternehmen verursachen, und die verheerenden Auswirkungen für das Klima. «Wenn wir als Konfession von Investitionen in fossile Brennstoffe profitieren, schwächen wir unseren prophetischen Widerstand und machen uns mitschuldig am Untergang der Schöpfungsgemeinschaft», schreibt Davies.

Veränderung bewirken

Die Verantwortlichen von Wespath argumentieren hingegen, dass die Einrichtung als Investor mit gewichtiger Stimme sich dafür einsetzen könne, positive Veränderungen zu fördern. «Eine Desinvestition hingegen würde uns die Möglichkeit nehmen, den Wandel mitzubestimmen.» Gerade dieses Engagement für Umweltthemen und Fragen der sozialen Gerechtigkeit sehen sie als einen der entscheidenden Kernpunkt einer nachhaltigen Anlagestrategie.

Als Beispiele führen die Verantwortlichen von Wespath ihre Interventionen bei der Chevron Corporation, einem weltweit operierenden Energiekonzern, und der Occidental Petroleum Corporation, einem international tätigen US-amerikanisches Unternehmen, das in der Förderung von Erdöl und Erdgas tätig ist, an. Bei beiden Unternehmen habe das mehrjährige Engagement bewirkt, dass diese jetzt «ihre allerersten Klimarisikoberichte» veröffentlich hätten. Chevron habe zudem Ziele für die Reduktion von Emissionen festgelegt.

Trügerische Akteure

Mark Davies hält dagegen, dass die Unternehmen aus dem fossilen Sektor immer wieder bewiesen hätten, dass sie keine ehrlichen Partner bei den Bemühungen um eine Bewältigung der Klimakrise seien. «Im Gegenteil, sie haben die Öffentlichkeit ständig über die Realität des Klimawandels belogen und im Laufe der Zeit Milliarden von Dollar ausgegeben, um Kampagnen und Politiker zu finanzieren, die sie darin unterstützten, dass sie weiterhin Billionen von Dollar an Profiten machen können.»

Die Zeit, sich mit ihnen gemeinsam an einen Tisch zu setzen, sei längst vorbei. «Prophetische Vision und prophetischer Widerstand fordern dazu auf, die Tische der Unternehmen aus dem fossilen Sektor umzustossen.» Das mindeste, was die Methodistenkirche tun könne, sei, sich finanziell aus diesen Unternehmen zurückzuziehen und «fossil free» zu werden.

Lobbying beeinflussen

In dem am 20. Juli veröffentlichten neusten «Sustainable Investment Report» berichtet Wespath allerdings, wie die Einrichtung zusammen mit anderen auch auf das Lobbying der Unternehmen Einfluss nimmt. «Wir glauben, dass es für Unternehmen wichtig ist, sicherzustellen, dass das Lobbying mit öffentlich erklärten Verpflichtungen und Zielen im Einklang steht», heisst es im Bericht. Die Ausrichtung der Unternehmen zu ändern und ihre Einflussnahme zu korrigieren gehen Hand in Hand. Beides scheint nur möglich, wenn Wespath weiterhin in solche Unternehmen investiert – und auf diese Weise auch Einfluss nehmen kann.

S.F. / Quellen: UM-Insight / wespath.org / wespath.com
Beitragsbild: Symbolbild (Foto  Didgeman, Pixabay)

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