Bestseller-Autor sprach über Fluchterfahrungen in methodistischer Kirchgemeinde in Zürich
25. September 2023
Usama Al Shahmani kam als Flüchtling in die Schweiz. Heute schreibt er von der Kritik gepriesene Bücher – auf Deutsch. In der methodistischen Kirche in Zürich 4 sprach er über seine Fluchterfahrung und las aus seinem neusten Roman.
«Warum habe ich das gemacht? Warum habe ich Theaterstücke geschrieben? Warum bin ich geflohen?» Usama Al Shahmani war verzweifelt. Nach langer Flucht ist er in der Zivilschutzanlage unter dem Kantonsspital Aarau gestrandet. Doch inmitten der Verzweiflung war da auch eine andere Stimme: ‹Stell dich der Realität. Was sind in dieser Situation deine Möglichkeiten?› Al Shahmani hat auf die zweite Stimme gehört. «Dort im Bunker habe ich mich entschieden, ein Wörterbuch Deutsch-Arabisch zu kaufen», erzählt er.
In der Schweiz angekommen
Usama Al Shahmani spricht auf Einladung der methodistischen Kirchgemeinde in Zürich 4 und des Vereins Netz4 über das Ankommen in der Fremde. Und über seinen neusten Roman, den dritten auf Deutsch. Heute ist Al Shahmani ein bekannter Schriftsteller – ein Schweizer Schriftsteller, das betont er gerne. Zwar mit irakischer Herkunft, aber er ist angekommen in der Schweiz. Seit 2021 ist er Teil der Kritikerrunde im «Literaturclub» des Schweizer Fernsehens SRF.
Klavierklänge und Hupkonzert
Der Kirchenraum ist vollbesetzt. Drinnen erfüllen sanfte Klavierklänge von Felix Mendelssohn Bartholdy dem Raum. Draussen vor der Türe: ein lautes Hupkonzert, eine Velodemo bahnt sich ihren Weg durch die Stadt. So ist es, das Zürcher Langstrassenquartier. Hier wirkt seit vielen Jahren das Netz4, das sozialdiakonische Werk der methodistischen Gemeinde in Zürich 4. Es bietet eine Vielzahl an Angeboten und Projekten für Kinder, Jugendliche und Erwachsene im Quartier an.
Schreiben war gefährlich
Geschrieben habe er schon immer, erzählt Usama Al Shahmani im Gespräch mit Andreas Kaplony, Professor für Arabistik an der Ludwig-Maximilians-Universität München. «So haben wir kommuniziert im Irak während der Kriege, während der Diktatur.» Doch es war ein heimliches Schreiben. «Am Schluss mussten wir die Texte vernichten.» Die Gefahr, von Saddam Husseins Schergen entdeckt zu werden, war real. Denn Al Shahmani wurde gesucht. Er hatte ein regimekritisches Theaterstück verfasst. 2002 floh er in die Schweiz. Und landete schliesslich im Bunker unter dem Spital in Aarau.
Flüsse, Wälder und traumatische Erlebnisse
Seit seiner Entscheidung – für die Hoffnung, gegen die Verzweiflung – schreibt Al Shahmani auf Deutsch. Seine Romane sind Bestseller. In seinem aktuellen Werk «Der Vogel zweifelt nicht am Ort, zu dem er fliegt» geht es um Euphrat und Tigris – und um die Aare und den Rhein. Er erzählt autobiographisch inspiriert von einem irakischen Geflüchteten, der in der Schweiz seine Liebe zu den Wäldern entdeckt und versucht, traumatische Erlebnisse hinter sich zu lassen.