«Um mehr helfen zu können, bräuchten wir mehr Mittel.»
6. Oktober 2023
An einem Online-Treffen im September haben sich die methodistischen Verantwortlichen für die Arbeit in der Ukraine und der an sie angrenzenden Länder über ihre Arbeit mit Flüchtlingen ausgetauscht. Die Traumabewältigung bei Geflüchteten rückt vielerorts stärker ins Zentrum.
«Wir alle warten auf das Ende des Krieges und beten dafür», sagte Jana Křížová, methodistische Pfarrerin und Koordinatorin in Tschechien an dem Treffen. Doch der Krieg geht weiter. Die in dieser Hinsicht gleich gebliebene Situation, hat sich in einer anderen Hinsicht zugleich verschlechtert. In der Vergangenheit hatten Vertreter:innen der ukrainischen Regierung immer wieder ein baldiges Ende des Krieges angekündigt. Viele Ukrainer:innen hatten gehofft, dass diese Ansagen eintreffen würden. Jetzt gibt die ukrainische Regierung solche Erklärungen nicht mehr ab. Für viele Menschen direkt in der Nähe der Frontlinie ebenso wie für Helfer:innen in anderen Regionen ist diese Veränderung als ein Zeichen zu verstehen, dass sie sich auf einen noch lange andauernden Krieg einstellen müssen.
Viele Traumatisierte
Auch bei den Personen, die auf der Flucht sind und unter anderem in methodistischen Unterkünften im Westen der Ukraine aufgenommen werden, zeigt sich eine deutliche Veränderung: Sie sind viel stärker traumatisiert als früher. In einer frühen Phase des Krieges flohen die Menschen, weil sie wussten, was auf sie zukommen würde. Diejenigen, die jetzt ankommen, haben alle viel Schlimmes erlebt.
Der für die Ukraine zuständige Bischof Christian Alsted sagte beim Treffen: «Die Situation übersteigt bei weitem das, was ein Land bewältigen kann.» Vor diesem Hintergrund sei erstaunlich, was die Methodist:innen in der Ukraine leisteten.
Unterkunft muss verlegt werden
Ein wichtiges Zentrum, in dem Methodist:innen im Westen der Ukraine Binnenvertriebene betreuen, befindet sich in Uschhorod. Doch die dort aktuell genutzte Unterkunft steht vermutlich nicht mehr lange zur Verfügung. Die Suche nach einer Alternative gestaltet sich schwierig. Die Verantwortlichen der methodistischen Arbeit in der Ukraine planen unter anderem, ein ehemaliges Hotel im Westen des Landes zu kaufen. Diese Einrichtung soll dann als Unterkunft und teilweise als Rehabilitationszentrum für Menschen mit posttraumatischen Belastungsstörungen genutzt werden.
Flüchtlinge oft gut versorgt
Auch in den Ländern, die direkt an die Ukraine angrenzen oder in geografischer Näher liegen, hat sich die Situation verändert. In Tschechien, Rumänien, Polen und den skandinavischen Ländern werden die Flüchtlinge aus der Ukraine vom Staat versorgt. Sie haben nicht selten einen Arbeitsplatz und eine eigene Wohnung gefunden. In vielen Fällen besuchen ihre Kinder eine öffentliche Schule des jeweiligen Landes.
Die vielen Gesichter der Integration
Noch immer sind allerdings einige Ukrainer:innen auch in kirchlichen Einrichtungen der Methodist:innen untergebracht, etwa in Tschechien, Ungarn, Polen, Lettland oder Litauen. Nach wie vor bieten methodistische Personen und Kirchgemeinden Sprachkurse an und organisieren regelmässig humanitäre Transporte mit Hilfsgütern in die Ukraine.
Vielerorts nehmen Ukrainer:innen auch an Gottesdienste in den methodistischen Kirchgemeinden teil. In Finnland und organisierten die jweiligen methodistische Kirchen ein Sommerlager speziell für ukrainische Kinder. In vielen Fällen war und ist es jedoch nicht das Ziel, spezielle Programme für ukrainische Menschen durchzuführen, sondern sie in die regulären kirchlichen Aktivitäten einzubeziehen.
Befähigen zur psychologischen Hilfe
Darüber hinaus hat die methodistische Kirche in Rumänien ein sich selbst erweiterndes Projekt gestartet, um den psychologischen Bedürfnissen aus der Ukraine geflüchteter Menschen gerecht zu werden. Ukrainische psychologische Fachpersonen aus mehreren rumänischen Städten und einige andere Personen, die direkt mit Menschen aus der Ukraine arbeiten, wurden in Traumabehandlung, Gruppentherapie und anderen Fähigkeiten zur Problemlösung geschult. Das Ziel ist, dass die Teilnehmer:innen in ihre Städte zurückkehren und Selbsthilfegruppen gründen. Die Mitglieder dieser Gruppen sollen dann in die Lage versetzt werden, ihrerseits auch wieder neue Selbsthilfegruppen zu gründen.
Unterstützung aus dem methodistischen Netzwerk
In Ungarn steht die methodistische Kirche in engem Austausch mit der Leitung des Dorcas-Flüchtlingszentrums nahe von Debrecen und versorgt das Zentrum auch regelmässig mit Brot. Dank fibanzieller Unterstützung der methodistischen Kirche in Deutschland konnte zudem kürzlich ein Problem mit der Trinkwasserversorgung im Lager rasch gelöst werden.
Die Methodist:innen in Tschechien haben die Schwerpunkte ihrer Arbeit verlagert. Einerseits bieten sie fachlich kompetente Unterstützung bei der Traumabewältigung an. Zudem unterstützt die methodistische Kirche 🔗ein kleines Krankenhaus in Iwano-Frankiwsk. Transporte mit medizinischer Ausrüstung, Erste-Hilfe-Notfallpaketen und anderen medizinischen Verbrauchsgütern. Für die Gehälter des Krankenhauspersonals gibt darüber hinaus eine Kooperation mit 🔗Connexio develop, dem Hilfswerk der Methodist:innen in der Schweiz.
Langfristig helfen
«Wir sind in einer Situation, in der wir ab und zu helfen können. Es gäbe mehr Möglichkeiten, aber um mehr helfen zu können, bräuchten wir mehr Mittel», beschrieb Jana Křížová aus Tschechien die Situation. Auch weiterhin ist das Engagement von Methodist:innen in der Ukraine und in angrenzenden Ländern in Zusammenarbeit mit anderen Stellen unverzichtbar. Eine wichtige Unterstützung ist aber auch die wertvolle Solidarität der methodistischen Kirche in Europa und den USA, die diese Bemühungen finanziell möglich macht.
Beides wird lange notwendig sein, ist Bischof Alsted überzeugt: «Selbst wenn der Krieg aufhört, wird er noch Jahrzehnte andauern. Der Bedarf für den Wiederaufbau des Landes und die Heilung der Menschen ist und wird enorm sein.» Menschliche Anstrengungen und das Vertrauen auf Gott greifen für ihn dabei ineinander: «Wir wollen das Beste tun, was wir können, um Gott dort zu folgen, wo er bereits wirkt und unter den Menschen wirken wird.»