Die Gewalt beenden: Kirchliche Stellungnahmen zum Angriff der Hamas auf Israel
10. Oktober 2023
Nach den Angriffen der Terrormiliz Hamas auf Israel haben verschiedene Kirchen und Kirchenbünde in Stellungnahmen zu einem Ende der Gewalt aufgerufen. Auch methodistische Kirchen fordern eine friedliche Lösung des Konflikts.
Die palästinensische Terrororganisation Hamas begann am 7. Oktober einen Angriff auf Israel. Aus dem Gazastreifen wurden Städte und Dörfer in Israel mit Raketen beschossen. Bewaffnete Mitglieder der Hamas drangen auf israelisches Staatsgebiet vor. Sie entführten und ermordeten dabei gezielt hunderte von Zivilist:innen. Die israelische Armee reagiert mit massiven Angriffen auf die palästinensischen Gebiete und hat den Gaza-Streifen inzwischen völlig abgeriegelt.
Die Gewalt sofort beenden
Auf die schockierende Gewalt der Hamas und die nachfolgende israelische Militäraktionen reagieren Kirchen und Kirchebünde mit Stellungnahmen. «Der Ökumenische Rat der Kirchen fordert dringend eine sofortige Beendigung dieser tödlichen Gewalt, die Einstellung der Angriffe durch die Hamas und bittet beide Parteien um eine Deeskalation der Situation», sagt etwa 🔗ÖRK-Generalsekretär Jerry Pillay auf der Website des ÖRK.
Gewalt gegen Zivilist:innen verurteilt
Die Oberhäupter der christlichen Religionsgemeinschaften in Jerusalem verurteilen 🔗in einer gemeinsamen Erklärung vom 7. Oktober «unmissverständlich alle Handlungen, die sich gegen Zivilist:innen richten, unabhängig von ihrer Nationalität, ihrer ethnischen Zugehörigkeit oder ihrem Glauben». Die aktuelle Welle von Gewalt und Leid sei «auf den anhaltenden politischen Konflikt und das beklagenswerte Fehlen von Gerechtigkeit und Achtung der Menschenrechte zurückzuführen».
Die Kirchenoberhäupter fordern in ihrem Schreiben «die Beendigung aller gewalttätigen und militärischen Aktivitäten (…), die sowohl palästinensischen als auch israelischen Zivilist:innen Schaden zufügen» und fordern die internationale Gemeinschaft zu einem Eingreifen auf.
Eine dauerhafte Lösung suchen
Das «Lateinische Patriarchat in Jerusalem», das Teil der römisch-katholischen Kirche ist, veröffentlichte zudem noch 🔗eine eigene Erklärung. «Die vom Gazastreifen ausgehende Operation und die Reaktion der israelischen Armee versetzen uns in die schlimmsten Zeiten unserer jüngsten Geschichte zurück», heisst es in dem Schreiben.
Die internationale Gemeinschaft und religiöse Führungspersonen sollten sich dafür einsetzen «zur Deeskalation der Situation beizutragen, die Ruhe wiederherzustellen und die Grundrechte der Menschen in der Region zu gewährleisten.» Es müsse «eine dauerhafte und umfassende Lösung für den palästinensisch-israelischen Konflikt» gefunden werden.
Rechte des palästinensischen Volks fördern
«Schockiert und erschüttert über die eskalierende Gewalt» zeigt sich die Evangelisch-Lutherische Kirche in Jordanien und im Heiligen Land 🔗in ihrer Erklärung. Die Eskalation müsse freilich als Teil eines langanhaltenden Konflikts gesehen werden. «Als Kirche setzen wir uns weiterhin für Gewaltlosigkeit ein; wir glauben aber auch, dass es entscheidend ist, die Umstände zu verstehen, aus denen Gewalt entsteht», heisst es in der Erklärung.
Die Evangelisch-Lutherische Kirche werde sich an «gemeinsamen Bemühungen beteiligen, die Rechte des palästinensischen Volkes zu fördern und den von diesem Krieg Betroffenen wichtige und rechtzeitige Hilfe zukommen zu lassen.»
Für Frieden beten
Auch der Weltrat Methodistischer Kirchen, die Methodistenkirche in Grossbritannien sowie das General Board of Global Ministries, das Hilfswerk der United Methodist Church, haben 🔗eine Stellungnahme veröffentlicht, in der sie aufrufen «weiterhin für Frieden und ein Ende der Gewalt zu beten.»
Weiter heisst es in dem kurzen Text: «Die Situation ist komplex, und wir anerkennen die Angst und das Gefühl der Ungerechtigkeit, die empfunden werden». Beide Seiten werden aufgerufen, sich auf Verhandlungen für eine friedliche Lösung einzulassen.
Irischer Friedensprozess als Modell
Klarere Worte findet hingegen David Turtle, Präsident der Methodistenkirche in Irland. «Wir alle sind schockiert und entsetzt über die vielen Toten und Verletzten und den Terror, der in den letzten Tagen in Israel-Palästina stattgefunden hat», schreibt er 🔗in seiner Stellungnahme und seinem Aufruf zum Gebet.
Turtle erinnert an die Erfahrungen im eigenen Land und den langen, mit dem Karfreitagsabkommen begonnenen Prozess eines friedlichen Miteinanders mit den «Kernelementen der Partnerschaft, der Gleichheit und des gegenseitigen Respekts». Im Blick auf den Nahostkonflikt schreibt er: «Wir hoffen und beten, dass inmitten der Wut, des Schmerzes und der Eskalation der Gewalt die Menschen, die sich auf allen Seiten des israelisch-palästinensischen Konflikts für diese Werte einsetzen, in den Vordergrund treten werden.
In Wissen um die «Komplikationen einer langen Konfliktgeschichte» fordert Turtle auf «von weiterer Gewalt Abstand zu nehmen und gleichzeitig zum Dialog bereit zu sein».
Humanitäre Hilfe ermöglichen
Im Rahmen seiner Herbsttagung hat auch der Bischofsrat der United Methodist Church am 10. November zum Terrorakt und dem nachfolgenden Angriff Israels auf den Gazastreifen 🔗eine Stellungnahme veröffentlicht. «Der Bischofsrat der United Methodist Church weint und betet gemeinsam mit Millionen von Menschen auf der ganzen Welt für die Menschen im Heiligen Land» schreiben dei Bischöf:innen.
Sie «fordern die Freilassung der Geiseln und ein Ende des Tötens» sowie «die sofortige Freigabe uneingeschränkter humanitärer Hilfe». Zudem verurteilen sie «die Verbreitung von Antisemitismus, Islamophobie».
Ein schockierender Terrorakt
Rita Famos, Präsidentin der EKS, 🔗sagt gegenüber ref.ch, sie sei «zutiefst schockiert» vom Angriff. Famos spricht von einem «menschenverachtenden Akt des Terrorismus».
Auch Bernd Becker, Moderator des Reformierten Bundes in Deutschland, äussert sich ähnlich. «Die Bilder und Nachrichten, die uns seit Tagen aus Israel erreichen, machen sprachlos», schreibt er 🔗in einem Statement. Er kommt auch auf die Reaktionen im eigenen Land zu sprechen. Es sei schockierend, «dass die Grausamkeiten der Hamas auf deutschen Strassen bejubelt wurden». Dass «jüdisches Leben und jüdische Einrichtungen auch hierzulande (..) bedroht sind», sei erschreckend.
Empathie ohne «aber»
In einem 🔗Kommentar auf RefLab setzt sich Evelyne Baumberger vor allem mit der Berichterstattung und den Kommentaren zu den Ereignissen auseinander. Dort dominiere «in vermeintlicher Differenziertheit die Floskel ‹Ja, aber…›», mit der die Empathie für die Opfer austariert wird mit Kritik am Staat Israel. Dagegen wendet sich Baumberger in ihrem Kommentar: «Was die Hamas mit ihrem Angriff anrichtete, darf nicht mit der Politik einer nationalistischen Regierung relativiert werden.»
Entsetzen und Anteilnahme angesichts von Gewalt auszudrücken, sei nicht gleichzusetzen damit, Partei zu ergreifen für eine politische Position oder Partei. «Die einzige Seite, die wir wählen müssen, ist die Seite von Zivilist:innen und Menschenrechten für alle», zitiert sie zustimmend einen Instagram-Post der Politikexpertin Kristina Lunz.
Freikirchen stehen hinter Israel
In einer 🔗Medienmitteilung vom 10. Oktober stellt sich freikirchen.ch, der Dachverband der Freikirchen und christlichen Gemeinschaften in der Schweiz, hinter Israel. «Die Souveränität Israels wurde durch den Angriff auf Unbeteiligte verletzt und viele unschuldige Menschen kamen beim Überfall der Hamas ums Leben», heisst es in der Mitteilung. Man sei in Gedanken und Gebeten bei den Angehörigen der Opfer.
Der Verband achte «Israel aufgrund seiner Geschichte, seiner besonderen Entstehungsgeschichte und auch als Heimat der jüdischen und auch der arabischen Bevölkerung», heisst es in der Mitteilung weiter. Man fordere das Schweizer Parlament auf, die Hamas als terroristische Organisation einzustufen. In einer weiteren 🔗Medienmitteilung vom 6. November verurteilt der Dachverband den «Antisemitismus mit allen Vorurteilen gegen das jüdische Volk in aller Deutlichkeit».
Beten und spenden
Weitere methodistische Gremien und Führungspersonen haben seit der Veröffentlichung des Artikel ebenfalls zu dem Konflikt Stellung bezogen:
Bischof Thomas J. Bickerton, Vorsitzender des Bischofsrats der United Methodist Church, 🔗schreibt: «Wir verurteilen die Hamas-Kämpfer, die in Israel Zivilisten, Frauen und Kinder getötet und gefangen genommen haben. Wir verurteilen auch den Tod von unschuldigen Zivilisten, Frauen und Kindern, die bei den israelischen Vergeltungsmassnahmen im Gazastreifen ins Kreuzfeuer geraten sind.»
Im Namen des Bischofsrats ruft Bischof Bickerton auf «für diejenigen zu beten, die verletzt, entführt oder getötet wurden» und für deren Angehörige. Ausserdem fordert er Methodist:innen dazu auf, durch Spenden an das United Methodist Committee on Relief (UMCOR), das Hilfswerk der UMC, die Nothilfe für die Betroffenen zu unterstützen.
Petition an US-Kongress
Auch die Kommission «Kirche und Gesellschaft» der UMC hat 🔗auf die Angriffe reagiert. Die Kommission hat gemeinsam mit ökumenischen Partnergruppierungen eine Aufforderung an den US-Kongress formuliert, die darauf zielt, «Massnahmen zur Deeskalation des Konflikts zu ergreifen, internationale Konventionen einzuhalten und uneingeschränkte humanitäre Hilfe zu unterstützen, die es Hilfsorganisationen ermöglicht, Lebensmittel, Wasser und medizinische Güter in die vom Krieg zerrüttete Region zu bringen.» US-amerikanische Methodist:innen sind eingeladen, die Petition online zu unterzeichnen.
Stellung beziehen und differenzieren
In einem 🔗bischöflichen Schreiben greift auch der für die «Michigan Conference» in den USA zuständige Bischof David Alan Bard die Ereignisse in Israel auf. Der Angriff der Hamas und die Ermordung und Verschleppung von Zivilist:innen sei moralisch nicht zu rechtfertigen und müsse verurteilt werden.
Der historische Hintergrund der Ereignisse sei komplex. «Wir dürfen diese Komplexität nicht zum Anlass für unsere moralische Empörung nehmen und müssen uns weiterhin mit den Realitäten auseinandersetzen, die den Frieden in Palästina/Israel so schwierig und schwer fassbar machen.»
Eine komplexe Geschichte des Leids
Teil dieser komplexen Geschichte seien die durch politische Verantwortliche in Israel gegenüber dem palästinensischen Volk verursachten Ungerechtigkeiten. Im Blick auf die Offensive der israelischen Armee fragt der Bischof: «Wird die israelische Antwort auf diesen Hamas-Angriff angemessen und verhältnismässig sein?»
Auch zurückliegende Angriffe gegen Israel aus benachbarten Ländern und terroristische Bombenanschläge seien Teil der komplexen Geschichte. Viele Familiengeschichte in Israel seien zudem durch die Erfahrungen des Holocaust geprägt.
Verurteilung des Gewalt
«Ich denke, wir müssen versuchen, eine unmissverständliche Verurteilung dieses jüngsten Angriffs, die Anerkennung der Komplexität dieser Region der Welt und den tiefen Wunsch nach Gerechtigkeit und friedlicher Koexistenz miteinander zu verbinden. Unsere Verurteilung der jüngsten Hamas-Aktionen mindert nicht unsere Sorge um Gerechtigkeit für das palästinensische Volk».
Die Komplexität aushalten – auch im Gebet
Auch Bischof Bard ruft die Methodist:innen auf, für den Frieden zu beten. Ein solches Gebet wird indes auch die Betenden nicht unverändert lassen können: «Wenn wir in dieser unbeständigen, unsicheren, komplexen und zweideutigen Welt gemeinsam um Frieden beten, dann beten wir auch um ein Herz und einen Verstand, die gross genug sind, um sich mit all den komplexen Problemen auseinanderzusetzen, mit denen wir konfrontiert werden, wenn wir ‹dem nachjagen, was zum Frieden führt› (Römer 14,19).»
Aktuell ist Frieden nicht vorstellbar
Anfang November hat vor dem Hintergrund, dass sich in der Schweiz wie in vielen anderen Ländern Westeuropas antisemitische Vorfälle und Äusserungen häufen, auch der für die Schweiz zuständige methodistische Bischof Stefan Zürcher 🔗zu den Ereignissen Stellung genommen. Darin verurteilt er «den menschenverachtenden Anschlag aufs Deutlichste». Frieden mit dieser Terror-Organisation sei aktuell nicht denkbar und eine harte Reaktion Israels gegen die Hamas nachvollziehbar, schreibt der Bischof, bringt aber auch seine Sorge um das Elend für die Zivilbevölkerung im Gazastreifen zum Ausdruck.
Untrennbar verbunden
«Tragisch ist auch, dass in diesen Wochen der Antisemitismus einmal mehr seine hässliche Fratze zeigt», schreibt der Bischof mit Blick auf die jüngsten Entwicklungen. Dagegen betont er: «Juden und Christen sind untrennbar miteinander verbunden.» In gegenseitiger Annahme und Unterstützung seien das jüdische Volk und die christliche Kirche dazu berufen «gemeinsam Gottes Volk, Segens- und Friedens-/Schalomträger zu sein».
S.F.
Beitragsbild: Symbolbild (Foto: cottonbro studio, Pexels)
Der Beitrag wurde am 13. Oktober ergänzt um die weiteren methodistischen Stimmen, die nach dem Zwischentitel «Beten und spenden» zusammengetragen wurden. Auch der Kommentar in der Box wurde um einen entsprechenden Hinweis ergänzt. | Der Beitrag wurde am 26. Oktober um die beiden Absätze nach dem Zwischentitel «Freikirchen stehen hinter Israel» ergänzt. | Am 6. November wurden die Abschnitte «Aktuell ist Frieden nicht vorstellbar» und «Untrennbar verbunden» hinzugefügt. Im Abschnitt über die Freikirchen wurde der Hinweis auf die Medienmitteilung vom 6. November ergänzt. | Am 13. November wurde der Hinweis auf die Stellungnahme des Bischofsrats vom 10. November nachgetragen.
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