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Bild: Bischof Patrick Streiff spricht zu den Delegierten

Zur Gemeinschaft befähigt in turbulenten Zeiten

17. November 2022

Unter dem Titel «Befähigt vom Geist Christi» wandte sich der methodistische Bischof Patrick Streiff heute ein letztes Mal in seiner Amtszeit mit einer Bischofsbotschaft an die Methodist:innen seines Bischofsgebiets. Er ermutigte, sich auf das erneuernde Wirken des Geistes Gottes einzulassen.

Die Methodistenkirche im 🔗Bischofsgebiet von Bischof Patrick Streiff steht vor tiefgreifenden Veränderungen. In Basel 🔗beraten in diesen Tagen Delegierte aus den 13 Ländern darüber, wie ein gemeinsamer Weg in die Zukunft aussehen könnte. Und sie wählen eine:n Nachfolger:in für Bischof Patrick Streiff. Der wandte sich heute zum letzten Mal in seiner Amtszeit mit einer Bischofsbotschaft an die kirchlichen Verantwortungsträger:innen.

Herausforderung «Individualisierung»

Unter dem Titel «Befähigt vom Geist Christi» griff Bischof Streiff in seiner Bischofsbotschaft die Veränderungsprozesse in der methodistischen Kirche seines Bischofsgebiets nur indirekt auf. Er suchte vielmehr aufzuzeigen, wie die Diskussionen und Spannungen Ausdruck sind von und befördert würden durch gesellschaftliche Entwicklungen. Zu ihnen gehöre etwa die fortschreitende Individualisierung. Daraus entstünden «Probleme für den Zusammenhalt der Gesellschaft und für den Umgang mit Verlust- und Leiderfahrungen».

Ich-bezogene Social Media

Offen zutage treten für den Bischof diese problematischen Tendenzen in den Sozialen Medien, die «in bisher ungeahnter Weise anfällig sind, ein völlig Ich-bezogenes Mitteilungsbedürfnis zu fördern, ohne dass man auf ein Gegenüber hören muss.» Auch der zu beobachtende Wandel hin zu einer Identitätspolitik sei vor diesem Hintergrund zu verstehen.

Gesellschaftliche und kirchliche Konfliktfelder

Als weitere, teils mit diesen Beobachtungen verknüpfte oder verknüpfbare Aspekte der in der Gesellschaft sich vollziehenden Entwicklungen verwies der Bischof beispielsweise auf die Corona-Pandemie und die durch sie entstandenen Verwerfungen. Oder auf die «innerkirchlich … heiss diskutierte Thematik der menschlichen Sexualität». Auch sei das Berufsbild der Pfarrpersonen vielseitiger und anspruchsvoller geworden. «Zugleich ist ein Gemeindepfarramt nicht mehr mit einem geschätzten Status in der Gesellschaft verbunden», sagte Bischof Streiff.

Tragfähige Gemeinschaft aufbauen

Unter Rückgriff auf die biblische und die eigenkirchliche Tradition suchte Bischof Streiff in diesem Kontext zu beschreiben, wie der Geist Christi Methodist:innen befähigt, mit den anstehenden Herausforderungen umzugehen und glaubwürdig Kirche zu leben. Er mahnte eine «Weisheit des Herzens» an, die die Lebensführung präge. «Im Zentrum dieser Weisheit steht nicht intellektuelles Wissen oder christliche Lehre, sondern der Aufbau einer tragfähigen Gemeinschaft.»

Gemeinschaft unterschiedlicher Individuen

Das vollziehe sich zuerst in und an der Kirche selbst. «Denn zum einen fügt Christus uns in eine Gemeinschaft mit anderen Menschen ein, die wir uns nicht selbst ausgesucht haben.» Doch diese Gemeinschaft sei nicht ein «Einheitsbrei», in der «unsere Individualität und unterschiedliche Persönlichkeit» aufgehoben würden. «Selbst der Geist Christi bewirkt Unterschiedliches in jedem Einzelnen – immer mit dem Ziel, Gemeinschaft im Leib Christi aufzubauen».

Eine «Bundesgemeinschaft»

Kirche sei nicht eine «Vertragsgemeinschaft», sondern eine «Bundesgemeinschaft». Verträge brächten Vorteile, Bundesschlüsse Veränderung. «Verträge führen zur Zusammenarbeit von ‹Ichs›, die eigenständig bleiben. Bundesschlüsse schaffen ein ‹Wir›.» Allerdings seien «im Zusammenhang des Streits um gleichgeschlechtlich gelebte Beziehungen unterschiedliche Gefährdungen der Bundesgemeinschaft zum Ausdruck gekommen.»

Einheit und Freiheit

Im Blick auf die Zukunft der methodistischen Kirche in seinem Bischofsgebiet hoffe und bete er, «dass wir in möglichst grosser Einheit einen gemeinsamen Weg in die Zukunft beschreiben und dann auch beschreiten können». Doch sei es auch wichtig, hilfreiche Regelungen dafür zu finden, «dass jene, die es wünschen, in gegenseitigem Respekt ihren eigenen Weg gehen können».

Erneuerung des Lebens

Im Anschluss an seine früheren Bischofsbotschaften unterstrich Patrick Streiff erneut: «Für Methodistinnen und Methodisten steht die Liebe zu Gott und zu Mitmenschen im Zentrum, weil Gott uns zuerst geliebt hat.» Dies wirke sich auch im Verständnis der christlichen Lehre aus. Unterschiede in der «Lehre» verlören dann an Gewicht. Entscheidend sei vielmehr, «ob es zur inneren Erneuerung im Herzen des Menschen kommt, die sich dann auch in der Lebensführung ausweist.»

Dankbarer Blick zurück

Trotz vieler Belastungen blicke er dankbar auf seine Zeit als Bischof zurück, sagte Bischof Streiff. «Ich selbst habe im aktiven Dienst als Bischof sehr vieles gelernt, was ich mir nie hätte träumen lassen, und was mich hat reifen lassen.» Nicht zuletzt in den aufgrund der Corona-Pandemie notwendig gewordenen «Zusatzschlaufen» seines aktiven Dienstes habe er «noch einmal in ermutigender Weise viele sichtbare Zeichen eines oft unsichtbaren Netzwerks von Gebet und Unterstützung erfahren».

Entscheidungen und Wahlen

Über die anstehenden Fragen zur Zukunft der Methodistenkirche in Mittel- und Südeuropa beraten die Delegierten in Basel heute Nachmittag. Der erste Wahlgang für die Wahl zur Nachfolge von Bischof Patrick Streiff ist für den Abend geplant. Es wird mit mehreren Wahlgängen gerechnet, bis ein:e Nachfolger:in bestimmt ist.

S.F.
Beitragsbild: Bischof Patrick Streiff spricht zu den Delegierten in Basel. (Foto: Jörg Niederer)

 

Bischofsbotschaft  und Eröffnungspredigt (PDF)

In gedruckter Form kann die Bischofsbotschaft beim Sekretariat von Bischof Patrick Streiff in Zürich bestellt werden: E-Mail, Tel.: +41-44-299 30 60.

 

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Zentralkonferenz

In Afrika, Europa und auf den Philippinen bilden die Jährlichen Konferenzen (Synoden) einer grösseren Region sogenannte Zentralkonferenzen. Die an eine Zentralkonferenz entsandten Delegierten sind zu gleichen Teilen Laien und pastorale Mitglieder. Die Zentralkonferenz bildet eine administrative Einheit, die die gemeinsame Arbeit und Mission koordiniert und auch ihren Bischof oder ihre Bischöfin wählt. Die Jährliche Konferenz (Synode) Schweiz-Frankreich-Nordafrika ist Teil der 🔗Zentralkonferenz von Mittel- und Südeuropa (ZK MSE). Seit 2006 leitet Bischof Dr. Patrick Streiff (Zürich) die ZK MSE.