Bezirk

Die wirtschaftliche Gemeinschaft

Wirtschaftssysteme unterstehen nicht weniger dem Urteil Gottes als andere Bereiche der von Menschen geschaffenen Ordnung. Es gehört zur Verantwortung der Regierungen, mit finanz- und währungspolitischen Maßnahmen die wirtschaftliche Existenz von Einzelnen und Firmen zu ermöglichen und für Vollbeschäftigung sowie angemessene Einkommen bei einem Minimum an Inflation zu sorgen. Private und öffentliche Unternehmen sind für die gesellschaftlichen Schäden ihres wirtschaftlichen Handelns – etwa in den Bereichen Beschäftigung und Umweltverschmutzung – verantwortlich und sollen für diese Schäden zur Rechenschaft gezogen werden. Wir unterstützen Maßnahmen, die die Konzentration des Reichtums in der Hand weniger verringern. Weiterhin unterstützen wir Bemühungen, Steuergesetze zu ändern und Subventionsprogramme abzubauen, die zurzeit den Wohlhabenden zu Lasten anderer zugutekommen.

A) Eigentum

Wir glauben, dass Privateigentum in Verantwortung vor Gott treuhänderisch zu verwalten ist – sowohl in den Gesellschaftsordnungen, wo dazu ermutigt wird, als auch dort, wo es unerwünscht ist. Das Recht auf Eigentum findet seine Grenzen an übergeordneten Bedürfnissen der Gesellschaft. Nach christlicher Überzeugung darf keine Person oder Gruppe exklusiv und eigenmächtig über irgendeinen Teil der geschaffenen Welt verfügen. Der gesellschaftlich und kulturell vorgegebene Besitz von Eigentum ist folglich als eine Verantwortung Gott gegenüber zu betrachten. Deshalb haben Regierungen in ihrem Streben nach Gerechtigkeit und Ordnung für gesetzliche Regelungen zu sorgen, die die Rechte der ganzen Gesellschaft ebenso schützen wie die privater Eigentümerinnen und Eigentümer.

B) Kollektivverhandlungen

Wir unterstützen das Recht aller Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in staatlichen und privaten Einrichtungen und deren Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber, sich zwecks Tarifverhandlungen in Gewerkschaften und anderen Gruppen ihrer Wahl zu organisieren. Darüber hinaus unterstützen wir das Recht beider Seiten auf Schutz ihrer Organisationstätigkeit und betonen ihre Verantwortung, nach Treu und Glauben im Rahmen des Gemeinwohls zu verhandeln. Zum Schutz und zur Förderung der Rechte aller Mitglieder der Gesellschaft, halten wir es für sinnvoll, in schwierigen Situationen Vertreterinnen und Vertreter des öffentlichen Lebens zur Vermittlung und Schlichtung in die Verhandlungen einzubeziehen. Dies kann möglicherweise auch durch einen gerichtlichen Schiedsspruch geschehen. Wir verwerfen jede Art von Gewalt, die im Rahmen von Tarifverhandlungen oder anderen Auseinandersetzungen zwischen Arbeitnehmer- und Arbeitgeberseite angedroht oder angewendet wird. Ebenso lehnen wir die Entlassung von Werktätigen aufgrund ihrer Teilnahme an legalen Streiks ab.

C) Arbeit und Freizeit

Jede Person hat das Recht auf Arbeit zu einem existenzsichernden Lohn. Dort wo der private Sektor keine Arbeit für alle Menschen, die Arbeit suchen und brauchen, bietet oder bieten kann, liegt die Verantwortung für die Schaffung solcher Arbeitsplätze bei der Regierung. Wir unterstützen soziale Maßnahmen, die die körperliche und geistige Unversehrtheit von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern gewährleisten, für die gerechte Verteilung von Produkten und Dienstleistungen sorgen und zunehmend eine selbstbestimmte Gestaltung der Freizeit erlauben. Freie Zeit bietet die Gelegenheit zur kreativen Mitgestaltung der Gesellschaft. Deshalb fördern wir Regelungen, die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern zusätzliche zusammenhängende Freizeit einräumt, die sie nach eigenem Ermessen nutzen können. Wir fördern Angebote in den Bereichen Bildung, Kultur und Erholung, die eine sinnvolle Gestaltung dieser Zeit ermöglichen. Wir glauben, dass der Mensch Vorrang vor dem Profit hat. Wir missbilligen die selbstsüchtige Einstellung, die oft unser Wirtschaftsleben durchdringt. Wir unterstützen Maßnahmen, die den Austausch von Ideen am Arbeitsplatz und eine kooperative und kollektive Arbeitsorganisation fördern. Wir unterstützen die Rechte von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, Gesundheit oder Leben gefährdende Tätigkeiten zu verweigern, ohne dafür ihren Arbeitsplatz zu riskieren. Wir unterstützen politische Maßnahmen, die die zunehmende Monopolisierung in Wirtschaft und Industrie umkehren.

D) Konsum

Verbraucherinnen und Verbraucher sollten ihre Wirtschaftskraft dahingehend nutzen, die Herstellung von Gütern zu fördern, die für die Menschheit notwendig und nützlich sind, und gleichzeitig Umweltschäden durch Produktion oder Konsum vermeiden. Produkte, die unter Bedingungen hergestellt wurden, unter denen Werktätige aufgrund ihres Alters, Geschlechts oder ihrer wirtschaftlichen Stellung ausgebeutet werden, gilt es zu meiden.
Wenn dies auch für Verbraucherinnen und Verbraucher wegen ihrer begrenzten Möglichkeiten schwierig ist, kann der Kauf von Produkten mit dem Fair-Trade-Siegel ein sicherer Weg sein, die Kaufkraft einzusetzen, um einen Beitrag zum Gemeinwohl zu leisten. Die internationalen Normen des fairen Handels basieren auf der Sicherung von existenzsichernden Löhnen für kleinbäuerlichen Familien; auf der Zusammenarbeit mit demokratisch organisierten landwirtschaftlichen Kooperativen; auf dem Verzicht auf Zwischenhandel, damit der Nutzen und Profit aus dem Handel tatsächlich die Bauern und deren Umfeld erreicht; auf der Bereitstellung von lebenswichtigen Vorschüssen und Krediten; und auf der Förderung ökologisch nachhaltiger Produktionsmethoden. Verbraucherinnen und Verbraucher sollten nicht nur Firmen wählen, deren Produktlinien ein starkes Engagement für den fairen Handel erkennen lassen, sondern auch weitere Firmen zu einer stärkeren Beteiligung daran auffordern.
Konsumentinnen und Konsumenten sollten ihren Verbrauch von Gütern und Dienstleistungen statt an der Quantität materieller Güter vielmehr an der Verbesserung der Lebensqualität messen. Wir rufen Konsumentinnen und Konsumenten einschließlich unserer Kirchengemeinden und kirchlichen Einrichtungen dazu auf, sich zu organisieren, um diese Ziele zu erreichen und der Unzufriedenheit über schädliche wirtschaftliche, soziale und ökologische Praktiken durch geeignete Methoden wie Briefe, gemeinsame Resolutionen, Öffentlichkeitsarbeit und Boykott Ausdruck zu verleihen.

E) Armut

Trotz des allgemeinen Wohlstands in den Industrienationen lebt die Mehrheit der Weltbevölkerung in Armut. Um Grundbedürfnisse wie Nahrung, Kleidung, Obdach, Bildung, Gesundheitsversorgung und andere Notwendigkeiten zu befriedigen, müssen Wege gefunden werden, die Ressourcen der Welt gerechter zu verteilen. Zunehmende Technisierung und ausbeuterisches wirtschaftliches Handeln lassen viele Menschen verarmen und erzeugen immer wieder neue Armut. Armut aufgrund von Naturkatastrophen und Umweltveränderungen nimmt stetig zu und erfordert unsere Aufmerksamkeit und Hilfe. Militärische Konflikte und Kriege lassen die Bevölkerung allerorts verarmen. Ein wichtiger Weg zur Unterstützung der Armen besteht darin, auf friedliche Lösungen dieser Konflikte hinzuarbeiten.
Als Kirche sind wir aufgerufen, die Armen zu unterstützen und die Reichen herauszufordern. Als ersten Schritt zur Linderung der Armut unterstützen wir unter anderem folgende Maßnahmen: ein dauerhaftes ausreichendes Einkommen, qualitativ hochstehende Bildung, menschenwürdiger Wohnraum, Berufsausbildung, die Chance auf eine sinnvolle Arbeit, angemessene medizinische und klinische Versorgung, die Humanisierung und radikale Überprüfung von Sozialhilfe, Friedensarbeit in Konfliktzonen und Bemühungen um die Bewahrung der Schöpfung. Da niedrige Löhne oft eine Ursache der Armut sind, sollten Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber ihren Arbeitskräften einen Lohn zahlen, der diese nicht von staatlicher Unterstützung wie zum Beispiel Vergünstigungen für Lebensmittel oder Sozialhilfe zur Sicherung ihres Lebensunterhalts abhängig macht.
Wir erkennen, dass eine langfristige Reduzierung der Armut über reine Hilfs- und Beschäftigungsprogramme, die wieder abgebaut werden können, hinausgehen muss. Deshalb legen wir einen Schwerpunkt auf Maßnahmen, durch die die finanzielle Lage der Armen verbessert und stabilisiert wird. Dazu gehören vermögensbildende Maßnahmen wie das Anlegen individueller Sparkonten, Programme zum Aufbau von Kleinstunternehmen, Förderprogramme für Wohneigentum, sowie Schulung und Beratung für den Umgang mit Geld. Wir rufen die Kirchen dazu auf, solche und andere Projekte zu entwickeln, die den Vermögensaufbau unter den Armen fördern. Besonders beachten möchten wir dabei Regionen des Globalen Südens, in denen Investitionen und Kleinstunternehmen besonders nötig sind. Wir unterstützen mit Nachdruck Strategien, die auf der Südhalbkugel und weltweit ein gerechtes Wirtschaftswachstum fördern und so Chancengleichheit für alle schaffen.
Armut hat in den meisten Fällen strukturelle Ursachen. Deshalb dürfen wir den Armen nicht selbst die moralische Verantwortung für ihre wirtschaftliche Lage zuweisen.

F) Ausländische Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer

Seit Jahrhunderten überqueren Menschen auf der Suche nach Arbeit Ländergrenzen. In unserer globalisierten Welt ist dies noch immer eine relevante und zunehmende Form der Zuwanderung. Höhere Löhne, bessere Arbeitsbedingungen und Beschäftigungsmöglichkeiten sind Gründe für Arbeitsmigration. Arbeitskräfte aus anderen Ländern bilden in vielen Gesellschaften einen wichtigen Faktor, um den Bedarf der Gesellschaft an Arbeitskräften zu decken. Doch allzu oft sind ausländische Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer von Ausbeutung, dem Fehlen schützender Gesetze und unzumutbaren Löhnen und Arbeitsbedingungen betroffen.
Wir fordern die Regierungen und alle Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber dazu auf, für ausländische Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer die gleichen Leistungen im Wirtschafts-, Bildungs- und Sozialbereich zu gewähren wie einheimischen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern.
Ausländische Arbeitskräfte brauchen auch religiöse Gemeinschaft. Wir fordern die Kirchen auf, sie in ihre Fürsorge und Gemeinschaft aufzunehmen und sie in ihren Bemühungen um bessere Lebens- und Arbeitsbedingungen zu unterstützen.

G) Glücksspiele

Glücksspiele sind eine Bedrohung für die Gesellschaft. Sie gefährden das Wohl des moralischen, sozialen, wirtschaftlichen und geistigen Lebens und zerstören Selbstkontrolle und verantwortliches Handeln. Aus Glauben und Verantwortung sollten Christinnen und Christen sich des Glücksspiels enthalten und Opfern der Spielsucht helfen. Wo Spiel zur Sucht geworden ist, ermutigt die Kirche die Betroffenen dazu, therapeutische Hilfe in Anspruch zu nehmen, damit die eigenen Kräfte wieder auf gute und sinnvolle Ziele ausgerichtet werden können. Die Kirche erkennt den möglichen Zwiespalt, wenn sie sich gegen Glücksspiele ausspricht, gleichzeitig aber die Autonomie und Selbstbestimmung der nordamerikanischen Urbevölkerung unterstützt. Aufgabe der Kirche ist es deshalb, Raum für Dialog und Bildung zu schaffen, der auch aus geistlicher Sicht ein ganzheitliches Verständnis für den historischen Kampf der indigenen Bevölkerung Nordamerikas ums Überleben fördert. (Anm. 14: Auch in anderen Kontexten ist dieser Zwiespalt erkennbar, der hier exemplarisch an der amerikanischen Urbevölkerung beschrieben wird.) Es ist der prophetische Ruf der Kirche, für die Förderung gerechter Rahmenbedingungen einzutreten, die kommerzielle Glücksspiele als Freizeitbeschäftigung, als Flucht oder als Möglichkeit, Gewinn zu erzielen oder um Gelder für die Unterstützung von Wohltätigkeitsorganisationen oder Regierungen zu sammeln, unnötig und unerwünscht werden lassen. Dies gilt für öffentliche Lotterien, Spielkasinos, Tombolas, Internetglücksspiele, Glücksspiele im Zusammenhang mit neu entwickelte Wireless-Technologien und andere Formen des Glücksspiels.

H) Landwirtschaftliche Familienbetriebe

Der Wert landwirtschaftlicher Familienbetriebe wird seit langem als bedeutende Grundlage für eine freie und demokratische Gesellschaft angesehen. In den letzten Jahren wird jedoch das Überleben selbstständiger Bauern weltweit von verschiedenen Faktoren bedroht, einschließlich der zunehmenden Konzentration aller Bereiche der Landwirtschaft auf eine begrenzte Zahl transnationaler Unternehmen. Die Konzentration der Nahrungsversorgung für Viele in den Händen Weniger wirft globale Gerechtigkeitsfragen auf, die Wachsamkeit und Handeln erfordern.
Wir rufen die Agrarindustrie dazu auf, in ihrem Handeln die Menschenrechte zu respektieren: erstens durch verantwortliche Haushalterschaft für das tägliche Brot für die Welt, und zweitens durch gesellschaftliches Engagement, welches das Recht aller Bauern respektiert, in kleinen wie in großen Betrieben für ehrliche Arbeit einen fairen Ertrag zu erzielen. Wir sprechen uns für das Recht der Menschen aus, eigenen Grund und Boden zu besitzen, und dafür, sich durch die Bewirtschaftung des Landes den Lebensunterhalt zu verdienen.
Wir rufen die Regierungen dazu auf, Hilfsprogramme zu ändern, die vermögende Agrarerzeuger unverhältnismäßig begünstigen. Dadurch soll mehr Unterstützung solchen Maßnahmen zugutekommen, von denen mittlere und kleinere landwirtschaftliche Betriebe profitieren, wie zum Beispiel Maßnahmen für den Aufbau der Verarbeitung, Lagerung, Verteilung und weiterer Agrarinfrastruktur in ländlichen Regionen; Maßnahmen für die Anbindung der bäuerlichen Bevölkerung an die örtlichen Schulen und Projekte; sowie weitere Maßnahmen, die die Sicherung der Nahrungsmittelversorgung vor Ort fördern.
Wir rufen unsere Gemeinden dazu auf, alles in ihrer Kraft stehende zu tun, um sich prophetisch zu Fragen der Nahrungsmittelversorgung und der Lage derjenigen Menschen zu äußern, die Nahrungsmittel anbauen. Außerdem rufen wir die Gemeinden dazu auf, Programme zu entwickeln, die zur Ernährungssicherheit in ländlichen Regionen beitragen.

I) Unternehmensverantwortung

Konzerne sind nicht nur ihren Aktionärinnen und Aktionären gegenüber verantwortlich, sondern auch anderen Anspruchsberechtigten: Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, Zulieferbetrieben, Händlerinnen und Händlern, der Kundschaft, der Gesellschaft, in der sie Geschäfte machen, und der Erde, von der sie leben. Die Öffentlichkeit hat das Recht, darüber informiert zu werden, welchen Einfluss die Tätigkeit von Unternehmen auf diese Gruppen und Bereiche hat, damit Menschen begründet darüber entscheiden können, welche Unternehmen sie unterstützen wollen.
Wir begrüßen es, wenn Konzerne sich freiwillig Standards unterwerfen, die das Wohlergehen der Menschen fördern und die Umwelt schützen.

J) Finanzwesen

Finanzinstitute üben eine grundlegende Funktion in unserer Gesellschaft aus. Sie müssen sich allerdings vor Missbrauch und Betrug bei Kreditgeschäften hüten, durch die die Bedürftigsten zum Vorteil der Reichsten ausgebeutet werden. Ordnungen und Regeln im Finanzsektor müssen Wucher verhindern, der Menschen in Schuldenkreisläufen gefangen hält. Banken, die Privatkredite gewähren, sollen verantwortungsvoll und transparent handeln, so dass sämtliche Vertragsbedingungen für alle Beteiligten verständlich sind.

K) Handel und lnvestitionen

Wir bekräftigen die Bedeutung von internationalem Handel und Investitionen in einer Welt gegenseitiger Abhängigkeiten. Handel und Investitionen sollten auf Regeln basieren, die die Menschenwürde, eine saubere Umwelt und unser gemeinsames Menschsein achten. Handelsabkommen müssen Mechanismen für die Durchsetzung von Arbeits- und Menschenrechten wie auch Umweltstandards einschließen. Eine umfassende zivilgesellschaftliche Interessenvertretung und die Teilnahme von Bürgerinnen und Bürgern an Handelsvereinbarungen müssen durch demokratische Formen der Konsultation und Partizipation gesichert werden.

L) Bestechung und Korruption

Gottes gute Schöpfung, ihre großzügige Fülle und darüber hinaus liebevolle, auf Entfaltung hin angelegte Beziehungen, durch die Gemeinschaft ermöglicht wird, dürfen nach Gottes Willen in Freiheit und Verantwortung angenommen werden. Es ist unsere von Gott gegebene Verantwortung, Gottes Schöpfung zu achten. Auf dieser Grundlage können wir gerechte, faire und nachhaltige Beziehungen und Gemeinschaften gestalten. Stärke, Stabilität, Sicherheit und die Entfaltung solcher Beziehungen und Gemeinschaften sind von der Integrität der sozialen, ökonomischen, politischen und kulturellen Prozesse, Institutionen und Teilhabenden abhängig. Bestechung, also unfaire und gesetzwidrige Wege, sich Geld, Gewinn und Vorteile zu verschaffen, insbesondere durch Ausnutzung der eigenen Stellung in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft, verstößt gegen die Menschenwürde und verletzt die Menschenrechte. Korruption, also unehrliche und ungebührliche Ausübung von Macht zum Vorteil der eigenen Person, steht Gottes Geschenk der Fülle des Lebens und seiner Schöpfung entgegen. Durch Bestechung und Korruption wird der soziale Zusammenhalt von Gesellschaften gestört, das Fundament menschlicher Gemeinschaft geschwächt und das Ansehen gesellschaftlicher Institutionen beschädigt. Gesetzgebung und Rechtsprechung, zusammen mit einer konsequenten, gerechten Strafverfolgung, müssen Bestechung und Korruption auf jeder Ebene der Gesellschaft bekämpfen. Gutes, gerechtes Regierungshandeln, gekennzeichnet von Transparenz, Rechenschaftspflicht und Verlässlichkeit, hat grundlegende Bedeutung für die Bekämpfung von Bestechung und Korruption. Gesellschaften, in denen Bestechlichkeit und Korruption herrschen, sind auf Gottes vergebende Liebe und rettende Gnade angewiesen.

M) Staatsverschuldung

Die von Regierungen durch jahrelange überhöhte Ausgaben hervorgerufene hohe Staatsverschuldung ist ein weltweites Problem. Haushaltsdefizite einer Regierung können für eine begrenzte Zeit notwendig sein. Jedoch haben die jahrelang maßlos überhöhten Staatsausgaben und die daraus resultierenden hohen Defizite in vielen Ländern zu einschneidenden wirtschaftlichen Herausforderungen geführt. Die zügellose Sorglosigkeit bei den Staatsausgaben darf nicht länger andauern. Darum rufen wir alle Regierungen dazu auf, die Haushaltsdefizite zu reduzieren und im Rahmen ihrer finanziellen Möglichkeiten zu bleiben. Wir bitten Regierungen und Institutionen bei Gewährung von Krediten faire Zinsen zu erheben. Wir rufen alle verantwortlichen Amtsträger dazu auf, bei Erhöhung von Steuern oder Kürzungen von Ausgaben zuallererst das Gemeinwohl zu fördern, insbesondere die Finanzierung von Schulen und anderen Einrichtungen, die die freie Entfaltung der Persönlichkeit ermöglichen, wie auch Institutionen, die sich für das Wohl der Armen, Alten, Behinderten und der Menschen am Rand der Gesellschaft einsetzen.

Werden die Haushaltsdefizite nicht unter Kontrolle gebracht, bürden wir nach unserer Erkenntnis künftigen Generationen große Lasten auf. Diese zwingen ganze Gesellschaften unter das Schreckgespenst von Schuldendienst, Inflation, Massenarbeitslosigkeit und Verzweiflung. Dies ist nicht allein ein finanzielles Problem, sondern eine Frage der Gerechtigkeit im Blick auf künftige Generationen. Kluges Haushalten ist heute nötig, um für zukünftige Generationen vorzusorgen. Wir rufen unsere Kirchenleitung auf allen Ebenen dazu auf, öffentliche Amtsträger zu ermutigen, die Staatsverschuldung abzubauen und ausgeglichene, gerechte Haushalte anzustreben.