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«Wir sind Hirten der ganzen Herde»

22. Februar 2021

In der Debatte um eine drohenden Spaltung der weltweiten Methodistenkirche beziehen drei europäische Bischöfe klar Stellung. Sie plädieren für ein achtungsvolles Miteinander.

Mit einer Erklärung für ein achtungsvolles Miteinander wenden sich Christian Alsted, Harald Rückert und Patrick Streiff am heutigen Montag an die internationale Öffentlichkeit der weltweiten Methodistenkirche. Die drei Bischöfe, Alsted für das Bischofsgebiet Nordeuropa und Baltikum, Rückert für Deutschland und Streiff für Mittel- und Südeuropa sowie Nordafrika, sprechen sich in ihrer Erklärung dafür aus, die Einheit der Methodistenkirche zu bewahren. In ihrer Erklärung sichern sie zu, sich gemeinsam für eine Methodistenkirche einzusetzen, in der Menschen mit ihren unterschiedlichen Überzeugungen weiterhin ihren Platz haben.

Verständigung und Versöhnung im Blick

Die Methodistenkirche sei, so die Analyse der drei Bischöfe, weltweit «äusserst vielfältig». Zu ihr gehörten Menschen «in völlig unterschiedlichen Lebenssituationen und mit ganz verschiedenen Bedürfnissen». Mit der Präsenz auf vier Kontinenten in mehr als 45 Ländern sei die Kirche schon immer «ein Schmelztiegel verschiedenster Ethnien» und bringe auf diese Weise «eine unbekannte Anzahl von Kulturen und Sprachen in Verbindung». Diese Vielfalt berge grosse Herausforderungen. Als Bischöfe sähen sie sich allerdings «in der Pflicht, Hirten der ganzen Herde zu sein». Zu dieser Verantwortung gehöre, immer die Verständigung, die Versöhnung und die Einheit des Leibes Christi im Blick zu haben und sich gemäss dem bischöflichen Auftrag dafür einzusetzen.

Befürchtungen und Sorgen

Hintergrund für das Schreiben der drei europäischen Bischöfe ist eine auf internationaler Ebene der Methodistenkirche drohende Spaltung. Diese zeichnet sich seit Februar 2019 ab, weil die Generalkonferenz als höchstes Leitungsgremium der Kirche bei einer ausserordentlichen Tagung einige Passagen der Kirchenordnung zu Fragen der Homosexualität mit strafbewehrten Formulierungen noch verschärfte. Seither gibt es weltweit heftige Auseinandersetzungen, die von einigen Gruppen teilweise mit dem Ziel einer Spaltung der Kirche verfolgt werden. Andererseits gibt es vermittelnde und auf Bewahrung der Einheit zielende Massnahmen, die zugleich für eine grössere Öffnung der Kirche in sexualethischen Fragen plädieren.

Die Initiativen für eine grössere Öffnung der Kirche führen in verschiedenen Regionen der Kirche zu Befürchtungen, dass in einer künftig «offeneren» Methodistenkirche Menschen und Gruppen mit einer konservativen Haltung keinen Platz mehr hätten. Dort ist die Sorge gross, dass Regelungen zur Öffnung in sexualethischen Fragen als überall gültig übergestülpt würden, was in verschiedenen kulturellen Kontexten weder vermittelt noch akzeptiert werden könnte.

Alte Streitmuster ablegen

Die Erklärung der europäischen Bischöfe nehme, so erklärt der für Deutschland zuständige Bischof Harald Rückert, diese Verunsicherung auf. Die Erfahrungen in Europa fussten letztlich auch in kulturell sehr unterschiedlichen Traditionen der verschiedenen Länder und Teile der Kirche. Auch in Europa müssten sie als Bischöfe diese Unterschiede im Blick behalten, um versöhnliche Wege zu finden. Die Kirche könne nur zusammenbleiben, wenn es gelinge, sich zu öffnen und gleichzeitig den Menschen ihren Platz zu bewahren, die den bisherigen Regelungen treu bleiben wollten.

Dies, so sind die drei Erstunterzeichner der Erklärung überzeugt, sei möglich. Allerdings nur, wenn alte Streitmuster abgelegt würden. Zu lange sei ein Schubladendenken gepflegt worden und die jeweils anderen Standpunkte seien auf eine Weise dargestellt worden, «die oberflächlich und respektlos war und nicht der Aufrichtigkeit unseres Glaubens entsprach».

Dem bischöflichen Auftrag verpflichtet: Einheit bewahren und Vielfalt ermöglichen

Deshalb setzten sie sich ihrem bischöflichen Auftrag gemäss dafür ein, dass sich die Methodistenkirche für neue Formen einer weltweit verbundenen Kirche öffnet. Dazu gehöre, dass sich die Generalkonferenz als höchstes Leitungsgremium der Kirche nur auf weltweit für die Kirche zu regelnde Belange konzentrieren solle. Darüber hinaus brauche es eine Neustrukturierung, in der den verschiedenen Regionen mehr Freiheit zugestanden werde. Nur so könnten kontextbezogene Regelungen gefunden werden und Formen von Mission und gesellschaftlichem Einsatz entwickelt werden, die zur Kultur und Gesellschaft der jeweiligen Region passten. Der gemeinsame und weltweit gültige Missionsauftrag der Kirche könne nur in dieser Art der Achtung und Ermöglichung regionaler Gegebenheiten auf Dauer erfüllt werden.

Die drei europäischen Bischöfe bringen mit ihrer Erklärung zum Ausdruck, dass sie sich dieser einen, weltweit verfassten und in vielen Regionen der Welt arbeitenden Kirche verpflichtet wissen. Sie sichern zu, dass sie alles dafür tun werden, die Einheit und Vielfalt dieser Kirche zu bewahren. Mit ihrer Erklärung laden sie andere Bischöfe der Evangelisch-methodistischen Kirche dazu ein, sich dieser Erklärung anzuschliessen. Der Weg in die Zukunft für die Methodistenkirche bleibt spannend.

Unsere Verpflichtung – europäische Bischöfe werben für ein achtungsvolles Miteinander

Our Commitment – European bishops call for respectful coexistence

Klaus Ulrich Ruof / emk.de
Bild: Klaus Ulrich Ruof, emk.de (Alsted und Rückert); privat (Streiff)

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Generalkonferenz

Die Generalkonferenz ist das oberste Leitungsgremium der weltweiten Methodistenkirche (United Methodist Church). Die Konferenz kann das Kirchenrecht revidieren und Resolutionen zu aktuellen moralischen, sozialen, politischen und wirtschaftlichen Fragen verabschieden. Sie genehmigt auch Programme und Budgets für kirchenweite Aktivitäten.

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In Afrika, Europa und auf den Philippinen bilden die Jährlichen Konferenzen einer grösseren Region sogenannte Zentralkonferenzen. Die Zentralkonferenz bildet eine administrative Einheit, die die gemeinsame Arbeit und Mission koordiniert und auch ihren Bischof oder ihre Bischöfin wählt. Die an eine Zentralkonferenz entsandten Delegierten sind zu gleichen Teilen Laien und pastorale Mitglieder. Die Jährliche Konferenz Schweiz-Frankreich-Nordafrika ist Teil der Zentralkonferenz von Mittel- und Südeuropa unter der bischöflichen Aufsicht von Bischof Dr. Patrick Streiff (Zürich).