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Briefumschlag

Sind wir noch zu retten?

2. November 2019

 Zu Kirche und Welt 11/2019, S.4, «Ihre Meinung»

Klimawandel als Strafe Gottes zu denken, stösst mir sauer auf. Hatten wir vor Jahren schon mal, als AIDS diskutiert wurde. Klar, die Klima-Katastrophe ist etwas anderes. Vor über 30 Jahren traten Propheten auf. In den Kirchen haben wir die Verpflichtung abgegeben, uns für Frieden, Gerechtigkeit und Bewahrung der Schöpfung zu engagieren – mindestens haben wir so gesagt. Spätestens von da an stecken wir mitten in der Klima-Katastrophe. Da mutet es mich zynisch an, alles in Gottes Hand legen zu wollen. Das mag metaphysisch stimmen, aber diese Abzweigung ist für mich eine Kreuzung zu früh genommen. Der Klimawandel ist keine Strafe Gottes und kein Teufelswerk, sondern Menschenwerk.

Und, hat Gott uns nicht schon längst wissen lassen, was er von uns will? Was soll das, dass wir Gott gnädig stimmen könnten? Und durch welche Opfer? Könnten wir Gottes Reden nicht längst im Aufschrei der leidenden Kreatur vernehmen? Und hier den leidenden Christus erkennen?

Könnten wir uns entschliessen – auch wenn es hoffnungslos erscheinen mag – das zu retten, was uns nahe und wichtig erscheint? Eine Beziehung, Gemeinschaft, ein intaktes Ökosystem (wilder Ort), eine Spezies, Lebensressourcen (Wasser)? Vielleicht könnten wir uns auch entschliessen, dem Geld die Macht zu brechen, soziale Gerechtigkeit durchzusetzen und Frieden als sinnstiftenden Horizont im Finale der Apokalypse zu verstehen. Leider weiss ich und bekenne: Kein Leben ohne Schuld. Aber auch nicht ohne neue Möglichkeit! Das macht Hoffnung – Gnade.

Johannes Heinrich Koller, Pfäffikon

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