Aus Nothilfe wird Nachbarschaft: Methodist:innen in Jihlava begleiten Ukrainer:innen

Nach Beginn der voll­um­fäng­lichen rus­sischen In­vasion in die Ukraine star­tete die metho­distische Kirch­gemeinde in Jih­lava (CZ) um­fassende Hilfs­aktivi­täten für Ge­flüch­tete, die sich in­zwischen zu um­fas­sender Unter­stützung bei der gesell­schaft­lichen Inte­gration ent­wickelt ha­ben.

In Kürze:

  • Die methodistische Kirchgemeinde in Jihlava hat geflüchteten Menschen aus der Ukraine zunächst mit Wohnraum, Arbeitsplätzen und kurzfristiger materielle Nothilfe unterstützt.
  • Heute liegt der Schwerpunkt auf langfristiger Begleitung und Integration durch Übersetzungsdienste, Behördengänge, Schul- und Kindergartenvermittlung sowie psychologische und medizinische Unterstützung.
  • Parallel dazu fördert die Gemeinde das Zusammenwachsen durch gemeinsame Gottesdienste in Russisch und Tschechisch, Sprachkurse und vielfältige Freizeitangebote für Jung und Alt.

Als seit Ende Februar 2022 als Folge der Invasion russischer Streitkräfte viele Menschen aus der Ukraine ihre Heimat verliessen, wurden in direkt oder indirekt angrenzenden Ländern unzählige Initiativen im Blick auf Nothilfe und weitergehende Unterstützung der geflüchteten Menschen ins Leben gerufen. Auch die methodistische Kirchgemeinde in Jihlava (Tschechien) wurde aktiv – und ist es bis heute geblieben. Der Fokus der Hilfsbemühungen allerdings hat sich verändert.

Erste Hilfe: Wohnraum und Arbeitsplätze

Von den Menschen aus der Ukraine, die in Jihlava geblieben und nicht in andere europäische Länder weitergezogen oder in ihre Heimat zurückgekehrt sind, haben die meisten eine Wohnung beziehen können. Jene, die sich im erwerbsfähigen Alter befinden, haben in der überwiegenden Mehrheit auch eine Arbeitsstelle gefunden.

Dies bedeutet zwar nicht, dass keinerlei humanitäre Hilfe mehr geleistet würde – hier ein Kinderwagen für Zwillinge beispielsweise, dort ein Doppelbett für zwei Mädchen. Aber sie geschieht in einem Rahmen, der zu einem grossen Teil mit eigenen Mitteln gedeckt werden kann.

Integration und Begleitung

Mindestens so wichtig wie die humanitäre Hilfe ist jedoch die Begleitung und Beratung einzelner Personen und Familien. Die Verantwortlichen der methodistischen Kirchgemeinde in Jihlava haben sich diesbezüglich im Unterwegssein mit über 300 Menschen als verlässlich und hilfsbereit erwiesen. Bei Behördengängen übersetzen sie und unterstützen, wenn es darum geht, offizielle Dokumenten zu beschaffen oder Formulare auszufüllen. Sie bemühen sich um Kindergarten- und Schulplätze für Kinder und setzen sich vermittelnd ein bei schulischen Problemen. Bei medizinischen Untersuchungen oder psychologischen Abklärungen bieten sie ihre Begleitung an…

Vom Nebeneinander zum Miteinander

Die Integration der geflüchteten Menschen aus der Ukraine hat jedoch schon seit längerer Zeit auch eine andere Ebene erreicht. Das «Wir« und «Ihr» ist zu einem gemeinsamen «Wir» verschmolzen. Die Gottesdienste der Gemeinde werden auf Russisch übersetzt. Von rund 30 Erwachsenen und Kindern aus der Ukraine, die zum engeren Umfeld der Gemeinde gehören, sind im Durchschnitt jeden Sonntag zehn anwesend.

Ein Mitglied der Gemeinde mit Wurzeln in einem der besetzten Gebiete der Ukraine leitet diese Arbeit mit russisch- und ukrainischsprachigen Menschen. Dabei findet auch eine Vernetzung mit der russischsprachigen Agapé-Gemeinde der methodistischen Kirche in Prag statt. Es ist bemerkenswert, wie hier ein echtes Miteinander ukrainisch- und russischsprachiger Menschen möglich ist.

Sprachförderung für Klein und Gross

Daneben gibt es auch Angebote, die helfen, die tschechischen Sprache zu lernen: Unterstützung von Kindern, die am schulischen Unterricht in einer ihnen fremden Sprache teilnehmen, Konversationsangebote für Erwachsene, Bibelstunden auf Tschechisch, deren Ziel auch darin besteht, biblische Ausdrücke, von denen in den tschechischsprachigen Sonntagsgottesdiensten zu hören ist, in der Sprache der neuen Heimat zu vermitteln.

Eine Gemeinschaft ohne Grenzen

Schliesslich sind auch Gemeindefreizeiten, Kirchenkaffee oder Camps für Kinder und Jugendliche zu einem vielfältigen, internationalen und hoffnungsvollen Miteinander geworden.

Die Bedürfnisse der Menschen haben sich gewandelt, und auch die Gesellschaft als Ganzes ist nicht mehr dieselbe wie vor gut drei Jahren. Die «Helfende Hand», wie das Motto des Unterwegsseins mit Menschen aus der Ukraine lautet, hilft heute anders als früher. Die Herzen jedoch sind dieselben geblieben: weit, achtsam, von Liebe erfüllt

Urs Schweizer, Assistent von Bischof Stefan Zürcher / Quelle: Pastor Ctirad Hrubý, Jihlava