Methodist:innen in Los Angeles: Friedlicher Protest gegen ICE-Razzien

Metho­dist:innen in Los Angeles nehmen teil an fried­lichen Pro­testen gegen das Vorgehen der Ein­wanderungs­behörde. Sie kriti­sieren den Ein­satz des Mili­tärs und wider­sprechen Falsch­darstel­lungen der Lage in den Sozialen Medien.

  • Am 10. Juni versammelten sich Mitglieder der United Methodist Church und Vertreter:innen weiterer Glaubensgemeinschaften zu einer Mahnwache in Downtown Los Angeles, um die Freilassung von in der jüngsten ICE-Razzia Festgenommenen zu fordern.
  • Die Proteste, die seit dem 6. Juni andauern, folgten auf eine Grossrazzia der Einwanderungsbehöre und wurden von Präsident Trump zum Anlass genommen, rund 4000 Nationalgardisten und 700 Marines zu mobilisieren.
  • Methodist:innen, darunter auch die zuständige Bischöfin, beteiligen sich an Protesten und rufen auf zu Gebet, politischer Einflussnahme und praktischer Hilfe im Sinne der Sozialen Grundsätze der methodistischen Kirche.

Mitglieder der United Methodist Church (UMC) und Vertreter:innen anderer Glaubensgemeinschaften versammelten sich am 10. Juni in der Innenstadt von Los Angeles zu einer Mahnwache. Sie forderten die Freilassung von Freund:innen und Angehörigen, die in der jüngsten ICE-Razzia festgenommen worden waren.

Schön und herzzerreissend

Mit Gebeten, Gesang und dem Niederlegen von Blumen vor dem Bundesgebäude – unter den Augen von Nationalgardisten – wollten sie ein Zeichen des friedlichen Protests setzen. «Es war ein so schönes, aber zugleich herzzerreissendes Bild», sagte die methodistische Pfarrerin Allison Mark, die an der Aktion beteiligt war.

Die Proteste in Los Angeles dauern seit dem 6. Juni an, nachdem ICE in einer Grossrazzia Geschäfte, Arbeitsstätten, Schulen und sogar ein Bundesgericht durchsuchte. Die Folge waren sowohl friedliche Demonstrationen als auch Zusammenstösse mit der Polizei. Präsident Trump reagierte mit der Mobilisierung von rund 4000 Nationalgardisten und 700 Marines – gegen den Widerstand von Staats- und Kommunalpolitiker:innen, die dies als Verletzung der Rechtsstaatlichkeit Kaliforniens ansehen.

Auf einem Platz steht ein Soldat in Kampfkleidung mit Helm. Vor ihm am Boden ist ein Plakat aufgestellt mit Spanischer Aufschrift. Davor liegen Blumen.

Bislang übernehmen lokale Polizeieinheiten die Festnahmen, während die Nationalgarde Bundesgebäude sichert. Bürgermeisterin Karen Bass verhängte eine nächtliche Ausgangssperre ab 20 Uhr in der Innenstadt.

Mittlerweile weiteten sich die Proteste auch auf andere US-Städte aus, darunter Austin, Chicago, Dallas, Las Vegas, Seattle und Spokane. Die Trump-Administration plant weitere ICE-Einsätze in Nord-Virginia, Chicago, New York, Philadelphia und Seattle.

Immigration and Customs Enforcement (ICE)

Eine US-Bundesbehörde, die für die Durchsetzung der Einwanderungsgesetze verantwortlich ist.

An der Seite der Leidenden

Bischöfin Dottie Escobedo-Frank von der California-Pacific-Konferenz rief in einer Stellungnahme zu Besonnenheit auf und forderte: «Diejenigen, die an der Macht sind, sollen ihre Kriegswaffen aus unseren Viertel und unseren friedlichen Städten entfernen». Sie reist seither durch den Grossraum Los Angeles, um Betroffenen Trost zu spenden und nimmt auch an Demonstrationen teil. «Jetzt können wir als Christ:innen unsere wichtigste Arbeit tun und den Leidenden zur Seite stehen», so Escobedo-Frank.

California-Pacific-Konferenz

Regionales Kirchenparlament der UMC in Kalifornien und dem pazifischen Raum.

Nach dem Gottesdienst zur Demo

Pfarrerin Amy Aitken von der First United Methodist Church in Pasadena berichtet, dass sie und weitere Gemeindemitglieder sich im Anschluss an den Gottesdienst spontan mit anderen Anwohner:innen zu einer Demonstration gegen ICE zusammenschlossen. Sie protestierten gegen ICE-Beamte, die in nahegelegenen Hotels Leute befragten. Ihr Protest führte dazu, dass die Beamten das Hotel verliessen.

In der Echo Park und La Plaza United Methodist Church, methodistischen Kirchgemeinden im Zentrum von Los Angeles, bekämpfte Pfarrer Frank Wulf Gerüchte über bevorstehende ICE-Einsätze während Gottesdiensten und leitete Online-Gottesdienste für verängstigte Kirchenmitglieder.

Beten und handeln

Wulf kritisiert die Militärpräsenz als eskalationsfördernd und ruft Methodist:innen im ganzen Land zu Gebet und politischer Einflussnahme auf. «Ich würde mir wünschen, dass Methodist:innen im ganzen Land für uns beten», sagte er. «Aber ich finde auch, dass die Leute ihre Abgeordneten im Kongress anschreiben sollten, um gegen diesen Machtmissbrauch der Trump-Administration vorzugehen.»

Methodist:innen und andere Anwohner:innen betonen, dass Los Angeles kein Kriegsgebiet sei, sondern dass sich Demonstrationen und Auseinandersetzungen auf wenige Innenstadtblöcke beschränken. Damit widersprachen sie auch Bildern und Falsch-Darstellungen, die sich in den Sozialen Medien verbreiten.

Mahnwache wie gegen Militärdiktatur

Eine zentrale Rolle bei der Unterstützung von Personen, die durch ICE inhaftiert werden, spielt die Organisation «Clergy and Laity United for Economic Justice» (CLUE), gegründet vom Bürgerrechtsaktivisten und methoditischen Pfarrer James Lawson. CLUE veranstaltete die Mahnwache am 10. Juni, angelehnt an die argentinischen Mütter-Demonstrationen gegen das Verschwinden von Kindern während der Militärdiktatur. Die Mahnwachen sollen fortgesetzt werden, um auf Inhaftierung und Abschiebung von Einwander:innen ohne ordentliches Verfahren aufmerksam zu machen.

CLUE bietet ausserdem Deeskalationstrainings an und sammelt Spenden, um Kautionen für Inhaftierte zu zahlen. «Die meisten Festgenommenen sind keine Straftäter:innen, sondern Menschen ohne gültige Papiere, oft seit Jahrzehnten in den USA», erklärt die methodistische Pfarrerin Jennifer Guttierez, Geschäftsführerin von CLUE.

CLUE

«Clergy and Laity United for Economic Justice» ist eine interkonfessionelle Organisation für wirtschaftliche Gerechtigkeit und gewaltfreien Widerstand in Südkalifornien. Gegründet wurde sie von dem vor rund einem Jahr verstorbenen methodistischen Pfarrer James M. Lawson. Die Verbindungen zur UMC sind weiterhin eng.

Methodistische Haltung ist klar

Die Sozialen Grund­sätze der methodistischen Kirche fordern, Migrant:innen, Flüchtlinge und Einwander:innen aufzunehmen und zu unterstützen. «Wenn wir Menschenwürde verletzen, verurteilen unsere Sozialen Grundsätze das», betont Pfarrerin Allison Mark, Präsidentin des General Board of Church and Society der UMC.

General Board of Church an Society

Eine Kommission der UMC, die sich mit sozialen, gesellschaftlichen, politischen und ökomomischen Fragen im Sinne der Sozialen Grundsätze befasst und die theologische Grundüberzegungen der UMC in gesellschaftliches und politisches Handeln übersetzt.

Die Sozialen Grundsätze sind entsprechende Richtlinien der United Methodist Church zu sozialen und ethischen Fragen. Sie werden regelmässig überarbeitet und aktuellen Herausforderungen angepasst und stehen in verschiedenen Sprachen zur Verfügung.

Anwältin Monalisa Tui’tahi, Interims-Koordinatorin für Einwanderungsfragen der California-Pacific-Konferenz, schildert, dass oft Berufungen Betroffener aus formalen Gründen abgelehnt und juristische Zusagen rückgängig gemacht werden. Sie appelliert an alle Methodist:innen: «Wenn wir diese Zeit überstehen wollen, müssen wir füreinander Nächste, Familie, Freundinnen und Freunde sein.»

S.F. / Heather Hahn, UMNS