Offen sein und festhalten

Der Text der «Jahreslosung» 2025 ermutigt zu einer kritischen Offenheit. Eine Grafik zur Jahreslosung wurde gestaltet von der methodistischen Künstlerin Anita Burkhalter.

Der Aufruf des Paulus: «Prüft alles, das Gute behaltet», ist im Kontext des 1. Thessalonicherbriefs und speziell im Zusammenhang mit der in Vers 20 erwähnten Prophetie zu verstehen.

Inspirierte Reden prüfen

In den frühen christlichen Gemeinden umfasste Prophetie nicht nur Vorhersagen künftiger Ereignisse, sondern auch inspirierte Reden, die zur Stärkung und Ermutigung der Gemeinde dienten. Paulus fordert die Christ:innen in Thessalonich auf, diese prophetischen Botschaften nicht einfach unkritisch hinzunehmen. Vielmehr sollen sie diese Botschaften überprüfen.

Was ist die «Jahreslosung»?

Die Jahreslosung der christlichen Kirchen wird von der Ökumenischen Arbeitsgemeinschaft für Bibellesen (ÖAB) ausgewählt. Es handelt sich jeweils um einen Bibelvers, der einem Motto gleich über das Jahr gestellt wird.

Ursprünglich entstanden die Jahreslosungen aus der Entwicklung von «Bibelleseplänen», die innerhalb eines bestimmten Zeitraums durch alle Texte der Bibel führen. Anfang der 1930er-Jahre erschien dann eine erste Jahreslosung und monatlich neu «Monatssprüche». Jeweils ĥandelte es sich um Bibelverse aus den Bibeltexten der Bibellesepläne. Die auf gelben Plakaten gedrucken Monatssprüche wurden so populär, dass das nationalsozialistische Regime sie schliesslich verbot.

Nach dem zweiten Weltkrieg erweiterte sich der Trägerkreis. Die Jahreslosungen werden seit den 1930er-Jahren regelmässig festgelegt. In vielen Kirchgemeinden sind Anfang des Jahres Predigten und Auslegungen zu diesen Texten zu hören. Künstler:innen gestalten Grafiken.

Mehr zur Geschichte und zur Auswahl der Jahreslosungen lesen Sie hier.

Kritisch und offen bleiben

Das kann überraschen, steht doch «Prophetie» unter dem Vorzeichen, Wort Gottes in die aktuelle Situation hinein zu sein. Die Anweisung des Paulus ermutigt zu einer kritischen Haltung gegenüber prophetischen Äusserungen, ohne diese von vornherein abzutun. Insofern ermutigt sie auch, offen zu sein für hilfreiche, «gute» Anstösse zum Glauben und Handeln. Eine Anleitung also zu kritisch-offenem Christsein: «Glaubt nicht allen, die Wasser auf eure Mühlen giessen… Aber hört ihnen und auch den anderen zu!»

KRafik zur Jahreslosung. Hochformat. Links ein Kreis mit unten gelb-orangen, oben blau-grünen Farbtönen. Aussen herum angedeutete Zeitungsseiten. Unten der Text der Jahreslosung.

Das Gute

«Das Gute» gilt es zu finden und festzuhalten. «Das Gute» ist ein Allerweltsbegriff, eine höchst allgemeine Beschreibung. Entgegen aller Versuche, es ein für alle Mal festzuschreiben, bleibt «das Gute» unbestimmt. Höchstens soviel ist deutlich: «Das Gute» ist immer das, was «füreinander und für alle» gut ist (Vers 15). Daraufhin selbst mit der Autorität Gottes vorgetragene Äusserungen zu prüfen, ist jedes Mal neu ein Wagnis – und zugleich unverzichtbar notwendig.

S.F. / Anregungen: Gemini, Perplexity

Gedanken zur Grafik

Für mich drückt sich das harmonische Ganze, die Harmonie Gottes in einer Kugel aus. Sie ist in sich geschlossen und trotzdem dynamisch. Sie schillert in klaren, bunten Farben. Es sind die Farben des Regenbogens mit denen Gott sein Zeichen setzt, dass es gut ist.

Die Kugel ist umgeben von Zeitungsausschnitten. Sie stellen die Weissagung und Deutung von Menschen und Geschehnissen der Gegenwart dar. Die Texte hören im obersten Teil auf. Sie gehören zur menschlichen Realität unten auf der Erde. Ich habe sie mit weisser Farbe zurückgenommen. Dass sie nicht einfach leserlich sind, deutet darauf hin, dass wir sie prüfen müssen.

Anita Burkhalter