Spiri­tualität als trei­bende Kraft für mehr Um­welt­gerech­tigkeit

Nach zweijähriger Arbeit legt die Arbeitsgruppe Umweltgerechtigkeit der methodistischen Kirche in der Schweiz einen umfangreichen Bericht vor. Co-Vorsitzende Sarah Bach erläutert die wichtigsten enthaltenen Ergebnisse und Anträge.

  • Die Arbeitsgruppe Umweltgerechtigkeit der methodistischen Kirche in der Schweiz legt nach zwei Jahren einen Bericht mit Handlungsempfehlungen und konkreten Anträgen zur Förderung ökologischer, ökonomischer und sozialer Nachhaltigkeit in den Kirchgemeinden vor.
  • Zentrales Ergebnis ist, dass Spiritualität und Glaube als «Wind im Segel» wirken und Christ:innen zu nachhaltigerem Handeln motivieren können.
  • Ein Kernvorschlag ist die Einrichtung einer Fachstelle oder Beauftragung von Ansprechpersonen, um Kirchgemeinden und Einzelakteur:innen bei der Umsetzung von Umweltmassnahmen zu vernetzen und zu stärken.

Die Arbeitsgruppe Umweltgerechtigkeit der methodistischen Kirche in der Schweiz war vor zwei Jahren ins Leben gerufen worden mit dem Ziel, konkrete Schritte vorzuschlagen, wie Abläufe und Organisation der Kirche umweltgerechter verändert werden können. Pfarrerin Sarah Bach hatte damals zusammen mit Pfarrerin Marietjie Odendaal das Anliegen an der für die Schweiz zuständigen Teilversammlung der Jährlichen Konferenz (Kirchenparlament) vertreten.

Die Mitglieder der Arbeitsgruppe

Gemeinsam mit Stefan Fehlmann vom Vorstand der methodistischen Kirche in der Schweiz haben Sarah Bach und Marietjie Odendaal dann nach engagierten Mitstreiter:innen gesucht. Schnell fanden sich vier weitere Personen, mit denen zusammen die Arbeitsgruppe Umweltgerechtigkeit zu arbeiten begann: Urs Baier, Barbara Oppliger, Cedric Zangger und Christian Rolli. Während Cedric Zangger und Christian Rolli ihre Mitarbeit nach jeweils rund zwölf Monaten aus zeitlichen Gründen beenden mussten, blieben Urs Baier und Barbara Oppliger zusammen mit den beiden Pfarrerinnen und Stefan Fehlmann das gesamte Projekt hindurch aktiv.

Empfehlungen und Anträge

Der nun vorliegende Bericht enthält sowohl Handlungsempfehlungen als auch konkrete Anträge. Sarah Bach betont, dass bewusst nicht alle Vorschläge in Antragsform gegossen wurden: «Jede Gemeinde ist individuell – man muss nicht alles als Antrag formulieren.» Die duale Vorgehensweise ermögliche sowohl Orientierung durch Empfehlungen als auch Handlungsoptionen durch Anträge, «wo es nötig ist».

Spiritualität hält in Bewegung

Als zentrales Ergebnis der Analyse kristallisierte sich die Verbindung von Nachhaltigkeit und Glauben heraus. Sarah Bach verweist dabei auch auf die im Frühjahr 2023 veröffentlichte Ge-Na-Studie (Gerechtigkeits- und Nachhaltigkeits-Studie). Diese habe gezeigt: «Wenn Christinnen und Christen das Thema Nachhaltigkeit mit ihrem Glauben verbinden können, verhalten sie sich nachhaltiger.»

Aus diesem Befund entwickelte die Arbeitsgruppe das Bild vom Schiff als Leitmotiv: Theologie und Spiritualität seien dem Wind vergleichbar «das, was uns antreibt» und Ressourcen dafür bereitstelle, um konkrete Umsetzungen in Gang zu bringen. Hier sei die Basis für Motivation und Durchhaltewillen im Kampf gegen die Klimakrise zu finden, sagt Sarah Bach. «Hier haben wir als Kirche auch das meiste Know-how und können wir etwas bewegen.»

Wegweisende Zusammenarbeit in der Arbeitsgruppe

Sarah Bach hebt die positive Dynamik in der Arbeitsgruppe hervor: «Für mich war das Highlight die Zusammenarbeit. Was man bewegen kann mit ein paar Leuten, die das Problem erkannt haben und bereit sind, anzupacken!» Die Sitzungen seien motivierend gewesen, da die Teilnehmer:innen aktiv Aufgaben identifizierten und übernahmen.

Die Pfarrerin wünscht sich, dass solche Erfahrungen auch anderen ermöglicht werden: «Durch neue personale Verantwortlichkeiten können mehr solcher Orte entstehen, an denen Leute in den Gemeinden gestärkt werden.»

Vernetzen und den Rücken stärken

Ein zentraler Antrag des Berichts ist darum die Einrichtung einer Fachstelle oder die Beauftragung von Personen, die Kirchgemeinden bei der Umsetzung der Massnahmen unterstützen. Dabei geht es einerseits darum, theologisches Nachdenken und spirituelle Vertiefung zu fördern. Andererseits sollen auf diese Weise eben die engagierten Personen in Kirchgemeinden gestärkt werden.

«Im Moment sind es oft Einzelkämpferinnen und Einzelkämpfer, die das Thema in den Gemeinden vorantreiben. Wir wollen ihnen den Rücken stärken und klare Ansprechpersonen schaffen», sagt Sarah Bach. Ziel sei es darum, Kirchgemeinden einen einfacheren Zugang zu Ressourcen und Vernetzungsmöglichkeiten zu bieten.

Geringer Aufwand – grosser Wirkung

Neben dem Fokus auf theologischer Arbeit identifiziert der Bericht sechs thematische Felder, in denen mit überschaubarem Aufwand grosse Wirkung erzielt werden könne. Dazu gehören unter anderem Energie- und Bauplanung, die Verwendung nachhaltiger Lebensmittel bei Gemeindeanlässen und die sukzessive Abschaffung fossiler Heizungen bei baulichen Erneuerungsmassnahmen. «Fossilfrei zu werden als Kirche heisst nicht, alle fossilen Heizungen sofort herausreissen», erläutert Sarah Bach, «sondern keine fossile Heizungen mehr zu installieren, wenn eine Erneuerung von Heizungen notwendig wird.»

Investitionen und soziale Dimension

Im Bereich Finanzen und Anlagen kam die Arbeitsgruppe zum Ergebnis, dass die methodistische Kirche in der Schweiz ihr Vermögen bereits sehr nachhaltig bewirtschafte: «Unser Geld ist nicht bei Banken angelegt, die in Öl, Gas oder Rüstung investieren.» Das Vermögen der Kirche sei überwiegend in den kirchlichen Immobilien investiert.

Gleichzeitig solle die Kirche ihre ebenfalls schon gute soziale Lohnpolitik weiterentwickeln und Wert darauf legen, dass alle Nachhaltigkeits­massnahmen sozial verträglich gestaltet werden, empfiehlt die Arbeitsgruppe in ihrem Bericht. «Die soziale Dimension muss immer mit hinein­genommen werden», sagt Sarah Bach, «sonst werden gute Ideen auf dem Rücken der Menschen umgesetzt, die schon jetzt die höchsten Kosten tragen.»

Vernetzung und Ausbildung

Weitere Empfehlungen betreffen die Zusammenarbeit mit internationalen Partnern wie dem Ökumenischen Rat der Kirchen und der Konferenz Europäischer Kirchen. Auch die Aus- und Weiterbildung zukünftiger Pfarrer:innen an der Theologischen Hochschule Reutlingen und der methodistischen E-Academy sollen Umweltgerechtigkeit verstärkt verankern. Auf Ebene der Kirchgemeinden wird die Kooperation mit Eco Church propagiert, deren flexibles Modell es erlaube, je nach Ausgangslage erste Schritte zu gehen oder bestehende Ansätze zu vertiefen.

Spielräume nutzen

Sarah Bach sieht in den Kirchengemeinden grosse Spielräume, um Umweltengagement mit gelebtem Glauben zu verknüpfen. Sie empfiehlt, «dort anzusetzen, wo es gerade am einfachsten geht» – etwa durch praxisnahe Projekte in der Gemeinde: Effizienzprüfungen bei Kirchengebäuden, Biodiversitätsgärten im Kirchgarten oder gemeinschaftliche Aktionen für die Nachbarschaft. Solche Initiativen entfalten nicht nur lokale Wirkung, sondern erzeugen durch einen Schneeballeffekt Vernetzung und Motivation weit über die Gemeindegrenzen hinaus, ist sie überzeugt.

Entscheidend ist für Sarah Bach, dass Umweltinitiativen authentisch aus dem christlichen Glauben heraus praktiziert werden. Auf diese Weise könne Kirche als aktive Gestalterin in der Nachbarschaft wahrnehmbar und der Glaube zum Motor für Nachhaltigkeit und Umweltgerechtigkeit gestärkt werden.

Ein nächster wichtiger Schritt

Die Arbeitsgruppe Umweltgerechtigkeit wird ihren Bericht im Rahmen der kommende Woche in Langenthal tagenden Jährlichen Konferenz (Kirchenparlament) vorstellen und die Anträge in die Diskussion einbringen. Mit deren Umsetzung würde die methodistische Kirche in der Schweiz einen weiteren Schritt tun hin zu einer Kirche, in der umweltgerechtes Handeln nahtloser in den Alltag der Gemeinden integriert ist und sich theologische Überzeugung mit konkretem Engagement verbindet.

S.F.