Wertschätzend den Frieden weitertragen

Vom 13. bis 16. März 2025 trafen sich in Winterthur rund 85 Delegierte und Gäste aus 15 Ländern zur methodistischen Zentralkonferenz von Mittel- und Südeuropa. Sie berieten über die Arbeit der methodistischen Kirche in Europa.

Der biblische Wunsch: «Schalom mit euch!» stand als Thema über der 20. Tagung der Tagung der Zentralkonferenz von Mittel- und Südeuropa. Die Delegierten, methodistische Pfarrer:innen und Laienpersonen aus den 13 Ländern des Konferenzgebietes und einige Gäste, verabschiedeten «Leitlinien für eine verantwortungsvolle Lebensführung» und setzten sich an einem Themenabend mit Fragen der Migration auseinander. Ausserdem diskutierten sie über die Zukunft der methodistischen Arbeit in Europa, die neu organisiert werden muss, sowie über Fragen und Gedanken, die Bischof Stefan Zürcher in seinem «Wort an die Zentralkonferenz» einbrachte.

Kollektives Wohlergehen

Im Eröffnungsgottesdienst und den Andachten und Bibelarbeiten wurde wiederholt betont, dass der hebräische Ausdruck «Schalom» weit mehr bedeute als die oft gewählte deutsche Übersetzung mit «Frieden». Mehr auch, als nur die Abwesenheit von Krieg, nämlich beispielsweise Ganzheit, kollektives Wohlergehen oder lebensfördernde Geordnetheit der Welt. Trotzdem wurde immer wieder spürbar, wie sehr die Frage des Friedens – oder vielmehr jene des Nicht-Friedens – die aus sehr unterschiedlichen Situationen nach Winterthur gereisten Delegierten und Gäste beschäftigte.

Zentralkonferenz

In Afrika, Europa und auf den Philippinen bilden mehrere Jährlichen Konferenzen (Kirchenparlamente) einer grösseren Region sogenannte Zentralkonferenzen. Die Delegierten sind zu gleichen Teilen Laien und pastorale Mitglieder. Die Zentralkonferenz koordiniert die gemeinsame Arbeit und Mission und wählt ihren Bischof oder ihre Bischöfin.

Die Jährliche Konferenz Schweiz-Frankreich-Nordafrika ist Teil der Zentralkonferenz von Mittel- und Südeuropa (ZK MSE), zu der neben der Schweiz 12 weitere Länder von Polen bis Nordafrika gehören.

Sehnsucht nach Frieden

Die Stimmung war an dieser Tagung geprägt von einer grossen gegenseitigen Wertschätzung und und der Bereitschaft, einander mit offenen Ohren und einem offenen Herzen zuzuhören. Immer wieder gab es auch Momente einer fröhlichen Leichtigkeit.

Doch wurde auch eine tiefe Sehnsucht nach Frieden spürbar. Etwa als der für die Arbeit in Nordafrika zuständige Superintendent Freddy Nzambe von der schwierigen Situation der Christ:innen dort berichtete. Oder als Pastor Novica Brankov aus Novi Sad einen Einblick in die politisch und sozial sehr angespannte Lage in Serbien gab. Und auch, als die Aufmerksamkeit auf den Krieg in der Ukraine und die Arbeit der methodistischen Kirche dort gelenkt wurde. Was heisst es da konkret, Schalom-Träger:innen zu sein?

Leitlinien angenommen

Die von den Delegierten angenommenen «Leitlinien für eine verantwortungsvolle Lebensführung» haben den Schalom in einem umfassenden Sinn im Blick. Der Text nimmt die durch John Wesley, den Gründer der methodistischen Bewegung, formulierten «Allgemeinen Regeln» auf und konkretisiert sie für die heutige Zeit. Die Delegierten empfahlen die Leitlinien zum regen Gebrauch in Hauskreisen und anderen Gruppen in den methodistischen Kirchgemeinden.

Ein öffentlicher Mitwirk-Abend zum Thema «Migration» knüpfte ebenfalls an diesen Leitlinien an. Die Teilnehmer:innen erhielten viel Raum, über geographische und sprachliche Grenzen hinweg einander zuzuhören und eigene Erfahrungen zu teilen. Wie leben Methodist:innen Gastfreundschaft, Integration und Inklusion – und worin besteht der Unterschied zwischen diesen drei Begriffen?

Trennung in gegenseitiger Achtung

Als es an der Tagung dann darum ging, Menschen nach einer langen gemeinsamen Zeit loszulassen, änderte sich die Haltung der Wertschätzung in keiner Weise. So wurde die Entscheidung der Jährlichen Konferenz (Kirchenparlament) in Tschechien, die weltweite methodistische Kirche zu verlassen und eine autonome Kirche zu gründen, zwar zutiefst bedauert. Gleichzeitig war aber auch die Achtung vor dieser Entscheidung zu spüren – und die Dankbarkeit, dass die Kirche in Tschechien bereit ist, den in der Kirchenordnung vorgesehenen, langen Weg zu gehen. Die Bekräftigung, die Türen seien für eine Rückkehr offen, waren auf diesem Hintergrund keine leeren Worte, sondern Ausdruck einer Herzenshaltung.

Zukunftsfragen

Auch ein ausführliches Gespräch über die Zukunft der methodistischen Kirche in Europa war von Ehrlichkeit und Respekt geprägt. Anlass dafür war einerseits die wachsende Verbundenheit zwischen den europäischen Zentralkonferenzen, andererseits aber auch die Realität einer kleiner werdenden Kirche. Im Frühjahr 2026 wird auf diesem Hintergrund erstmals ein gemeinsames Treffen aller europäischen Exekutiv-Behörden der methodistischen Kirche stattfinden.

Gemeinsame Herausforderungen

Wichtige Themen, denen sich die Methodist:innen in Mittel- und Südeuropa stellen müssen, benannte auch Bischof Stefan Zürcher in seinem «Wort an die Zentralkonferenz»:

  • Wie gelingt es, Menschen, die in der Kirche gross wurden, so an ihr teilhaben zu lassen, dass sie auch ihre Kirche wird? Und wie kann es gelingen, mit nicht kirchlich sozialisierten Menschen Kirche zu bauen?
  • Wie geht die Kirche mit dem zunehmenden Mangel an Pfarrpersonen um – und welche Leitungspersonen braucht es heute überhaupt?
  • Wie kann die Leitungsverantwortung auf mehr Schultern verteilt werden?
  • Wie können knapper werdende Ressourcen am nachhaltigsten eingesetzt werden?
  • Wie kann Vielfalt zum Segen werden – und was bedeutet es, im Kontext eines wachsenden Nationalismus in Europa an Gottes Mission teilzuhaben?

Vertrauen gestärkt

Die Tagung der Zentralkonferenz von Mittel- und Südeuropa war kein Ort, an dem die Kirche auf den Kopf gestellt wurde. Aber sie war ein Ort, an dem Vertrauen gestärkt, Beziehungen neu geknüpft und vertieft sowie das Bewusstsein für ein tragfähiges Miteinander geschärft wurden. Eine gute Grundlage, als Schalom-Träger:innen zuversichtlich in die jeweiligen Gemeinden zurückzukehren und einander über alle Grenzen hinweg darin zu unterstützen, den Schalom Gottes weiterzugeben und ein Stück Welt hoffnungsvoll zu verändern.

Urs Schweizer, Assistent des Bischofs Stefan Zürcher / S.F.