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Briefumschlag

Die einen und die anderen

13. November 2021

Zu: Kirche und Welt Nr. 6, S. 14, 🔗«Diese Gleichwertigkeit möchte ich einfordern»

Wir unterteilen die Welt gerne in schwarz und weiss, in gut und böse oder in sakral und profan. Meistens entsteht daraus unweigerlich ein «wir gegen die anderen». Die Welt ist aber anders, bunter, vielfältiger und lässt sich nicht teilen. Ich stelle fest, dass die Gesprächskultur in unserer Kirche ebenfalls zunehmend von Kategorien bestimmt wird, sobald über Sexualität und Kirche gesprochen oder geschrieben wird. Die Traditionellen stehen dann den Liberalen gegenüber, und die einen verstehen die anderen nicht. Diese grobe und willkürliche Aufteilung von Haltungen und Überzeugungen in unseren Gemeinden kultiviert aber nur das Trennende und redet eine Spaltung unserer Kirche geradezu herbei. Die Wirklichkeit in unserer Kirche und in unseren Gemeinden ist aber viel komplexer, viel breiter und bunter, als dies eine solche Vereinfachung in schwarz und weiss suggeriert. Wo genau ist denn dieser Graben zwischen den sogenannt Liberalen und den sogenannt Traditionellen? Vielleicht stehen wir ja gefühlt mitten in diesem Schützengraben zwischen den Fronten der hart kämpfenden Seiten. Und wo stehen die Menschen, um die es eigentlich geht, in dieser Auseinandersetzung? Leider sind sie oft nur Zuschauer in einem bizarren Streit um Dogmen, Deutungshoheiten und Wertungen.

Nein, ich lasse mich nicht schubladisieren, noch möchte ich an einer Gesprächskultur teilhaben, die das Trennende hervorhebt und kultiviert. Es ist mir schon klar, dass es einfacher ist, von den einen zu sprechen, die gegen die anderen sind. Hilfreicher und auch zielführender wird es aber sein, wenn wir versuchen, unsere ganz spezifischen persönlichen Überzeugungen, Befürchtungen und Hoffnungen zum Thema Homosexualität ohne Kategorien und ohne vorgegebene Argumentationsketten in die Gespräche einzubringen. Dies wäre vielleicht ein kleiner Schritt, um doch noch zu erkennen, dass unsere Kirche bunt und reichhaltig ist und dass da durchaus noch mehr Farben Platz finden könnten.

Hans Peter Bach, Frutigen

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